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Gesundheit & Fitness

Augenerkrankungen bei Kindern

Die frühe Diagnose ist das A und O
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Brillenschlange, Vierauge, Lupenprinz – Veräppelungen für Brillenträger gibt es viele, auch wenn mittlerweile schon Zweijährige mit Brille nicht mehr wirklich auffallen. Fehlsichtigkeiten werden nämlich viel öfter und früher erkannt, denn viele Eltern gehen mit ihren Kindern routinemäßig zum Augenarzt. Zum Glück, denn gutes Sehen ist die Voraussetzung für eine normale Entwicklung.

Der Kinder- und Jugendreport der DAK-Gesundheit zeigt, dass die dritthäufigsten Erkrankungen im Kindesalter Augenerkrankungen sind. 30 Prozent aller Jungen und Mädchen waren deshalb 2016 beim Arzt. Doch welche Krankheiten sind das und können Kinder vor ihnen geschützt werden? Gemeinsam mit der Kinderärztin Dr. Annette Lingenauber klären wir auf.

Kurz- und Weitsichtigkeit

17 Prozent aller Jungen und 19 Prozent aller Mädchen wurden 2016 wegen einer Kurz- oder Weitsichtigkeit behandelt.

Anzeichen
Kleinkinder, die stark kurz- oder weitsichtig sind, reagieren verzögert, wirken unsicher oder tollpatschig und halten sich Gegenstände zu dicht vor die Augen. Später fällt eventuell auf, dass Kinder schlecht Ball spielen oder Schwierigkeiten haben, das Fahrradfahren zu lernen.

Diagnose
Es ist heute möglich, Kurz- oder Weitsichtigkeit bereits im Säuglingsalter zu diagnostizieren. Wenn in der Familie eine starke Fehlsichtigkeit besteht, ist eine frühe ärztliche Überprüfung sinnvoll. Die Ärztin oder der Arzt entscheidet, ob eine Brille verschrieben wird oder Kontaktlinsen angepasst werden müssen. Selbst Babys können sich an eine gut sitzende Brille schnell gewöhnen. Bei moderater Kurzsichtigkeit wird darauf jedoch häufig verzichtet, da das Baby ohnehin auf Dinge und Menschen in seiner unmittelbaren Nähe fokussiert ist.

Gut zu wissen
Je früher eine Fehlsichtigkeit erkannt wird, desto höher ist die Chance eine weitere Verschlechterung der Augen zu verhindern. Wichtig ist, eine unterschiedliche Sehkraft beider Augen früh zu erkennen. Denn sie kann dazu führen, dass das Bild des schlechteren Auges unterdrückt wird und dort die Sehkraft und damit die Fähigkeit, räumlich zu sehen, immer mehr nachlässt.

Auf einen Blick

  • Augenerkrankungen sind häufig
  • Der Kinderarzt untersucht Ihr Kind im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen
  • Im Säuglingsalter werden Trübungen der Linse und ein mögliches Schielen mittels Augenspiegel (Opthalmoskop) untersucht
  • Eine Prüfung der Sehschärfe ist in diesem Alter bereits apparativ möglich
  • Viele Kinderärzte bieten dieses Amblyopie-Screening als zusätzliche Vorsorgeuntersuchung im 3. oder 4. Lebensmonat an
  • Sind die Eltern des Kindes stark fehlsichtig, sollte auf jeden Fall eine Diagnostik der Sehschärfe, entweder beim Kinderarzt oder einer Augenärztin, erfolgen

 

Kurzsichtigkeit vs. Weitsichtigkeit
Bei Kurzsichtigkeit (Myopie) sehen Betroffene auf kurze Entfernungen scharf, aber auf weitere Entfernungen verschwommen. Schuld ist meist ein zu langer Augapfel. Die Kurzsichtigkeit kann mit einer Brille ausgeglichen werden, ein Heilungspotenzial besteht in der Regel nicht. Meist verschlechtert sich die Kurzsichtigkeit mit den Jahren, da der Augapfel weiterwächst.

Bei Weitsichtigkeit (Hyperopie) sehen Betroffene in die Weite gut, Gegenstände in der Nähe sind dagegen unscharf. Kinder haben entsprechend Probleme beim akkuraten Ausmalen und Ausschneiden oder dem Stapeln von Bauklötzen. Schuld ist ein zu kurzer Augapfel, sodass sich die Weitsichtigkeit oft verbessert oder sogar verschwindet, wenn das Kind wächst. In den ersten Lebensjahren ist eine milde Weitsichtigkeit ein Normalbefund.

Bindehautentzündung

Bei einer Bindehautentzündung (Konjunktivitis) kommt es zu einer Irritation, Entzündung oder Reizung der schützenden Augenbindehaut. Zu den typischen Begleiterscheinungen gehören rote Augen, Jucken, Brennen oder ein Verkleben der Augenlider.

Ursachen
Eine Bindehautentzündung kann viele Ursachen haben, etwa verschiedene Bakterien und Viren, häufig im Rahmen einer Erkältung, oder allergische Reaktionen. Auch Fremdkörper, verschmutzte Kontaktlinsen, übermäßige Lichteinwirkung, Überanstrengung oder der Wind können das Auge reizen.

Symptome
Die Augen sind rot und jucken, die Bindehaut ist geschwollen, es fühlt sich an, als sei ein Fremdkörper im Auge, auch wenn keiner zu sehen ist. Bei einer bakteriellen Entzündung bildet sich oft ein gelber Schleim, bei einer viralen Entzündung ist dieser eher wässrig.

Behandlung
Bei Verdacht auf eine Bindehautentzündung sollte man immer zu einer Ärztin oder einem Arzt gehen. Die Behandlung ist abhängig von den Ursachen. Bei einer bakteriellen Infektion werden antibiotikahaltige Salben oder Tropfen gegeben, bei den anderen Formen Augentropfen mit unterschiedlichen Wirkstoffen zur Symptomlinderung. Ist die Bindehautentzündung eine allergische Reaktion, ist es wichtig, das Allergen zu meiden.

Auf einen Blick
  • Eine Bindehautentzündung kann viele verschiedene Ursachen haben
  • Häufig ist sie eine begleitende Entzündung im Rahmen von Erkältungskrankheiten
  • Oft ist der Tränenkanal mit entzündet und eitriges Sekret zeigt sich im inneren Lidwinkel
  • Bei starkem Juckreiz im Frühjahr kann eine allergische Konjunktivitis vorliegen
  • Bei Fremdkörpern tritt typischerweise ein plötzliches Fremdkörpergefühl auf. Der Fremdkörper muss entfernt werden, damit diese Form ausheilen kann
  • Hoch ansteckend ist die Konjunktivits epidemica, eine virale Form der Bindehautentzündung, die vor allem in den Sommermonaten auftritt. Sie ist sehr viel seltener als die Konjunktivitis bei Erkältungskrankheiten

 

Woher kommt die Röte?
Die Bindehaut ist von zahlreichen feinen Blutgefäßen durchzogen und kann so auch die blutarme Hornhaut mit Nährstoffen versorgen. Wird sie durch irgendetwas gereizt, steigert sich die Durchblutung der sonst farblosen Bindehaut und sie wird knallrot.

Achtung, ansteckend!
Da die Augen bei einer Bindehautentzündung brennen und jucken, reiben Betroffene oft daran. Ist die Entzündung infektiös, gelangen die Keime so auf die Hände und werden leicht weitergegeben. Auch von Kindern zu Eltern. Man sollte sich deshalb oft die Hände waschen und getrennte Handtücher benutzen. Achtung: Die Keime der hochansteckenden viralen Form können auch durch Tröpfcheninfektion weitergegeben werden.

Schielen

Das Schielen (Strabismus) wird von allen Sehfehlern am häufigsten vererbt. Rund neun Prozent der Kinder waren 2016 wegen der Fehlstellung eines Auges beim Arzt. Neben der Einschränkung des räumlichen Sehens, die die feinmotorische und motorische Entwicklung erschwert, leiden viele Betroffene auch unter Hänseleien.

Schielen bei Babys
Bei Babys unter drei Monaten ist Schielen nicht selten, da Sehsinn und Augenmuskeln noch nicht voll entwickelt sind. Haben sich die Augen aber nach dem vierten Monat noch nicht parallel ausgerichtet, sollte man eine Augenärztin oder einen Augenarzt aufsuchen.

Behandlung
Das Schielen liegt häufig an der Sehschwäche eines Auges. Um dieses zu trainieren, wird das starke Auge regelmäßig mit einem Pflaster abgeklebt. Bei einem frühen Behandlungsbeginn sind die Erfolgschancen hoch. In manchen Fällen ist aber auch eine Operation an den Augenmuskeln erforderlich. Zu stark ziehende Muskeln werden gelockert, zu schwach ziehende Muskeln werden verkürzt. Zusätzlich bekommen die betroffenen Kinder meist eine Brille. Um Hänseleien zu vermeiden, wird empfohlen, die Operation vor der Einschulung durchführen zu lassen.

 

Auf einen Blick
  • Ein Schielen weist auf eine unterschiedliche Brechungskraft der Augen hin
  • Eine augenärztliche Diagnostik ist wichtig, um das dreidimensionale Sehen zu erhalten
  • Seltenere Ursachen des Schielens sind angeborene oder durch Erkrankungen/Unfälle erworbene Lähmungen eines Augenmuskels
  • Eine orientierende Untersuchung mittels Brückner-Test (Durchleuchtung des Auges mittels Augenspiegel in Dunkelheit) ist Teil der Vorsorgeuntersuchungen
Drei Arten des Schielens
  1. Das latente Schielen Es tritt nur ein, wenn die Augen extrem überlastet sind, zum Beispiel bei Müdigkeit, Überanstrengung oder Stress. Wenn der Betroffene sich erholen kann, verschwindet der Silberblick. Latentes Schielen muss in der Regel nicht behandelt werden.
  1. Das Begleitschielen Ist der Winkel der Abweichung in allen Richtungen, in die der Betroffene blickt, gleich, so wird dies als Begleitschielen (Strabismus concomitans) bezeichnet. Diese Form tritt fast nur im Kindesalter auf. Eine frühzeitige Behandlung ist unerlässlich, damit das Kind mit beiden Augen das Gleiche sieht und die vollständige Sehschärfe wiederhergestellt werden kann.
  1. Das Lähmungsschielen Das Lähmungsschielen wird durch eine Lähmung der Augenmuskeln hervorgerufen. Es tritt immer plötzlich auf zum Beispiel infolge einer Muskelverletzung, einer Entzündung oder einer Durchblutungsstörung. Hier gilt es, die Ursache zu finden und zu behandeln.

Farbenblindheit und Farbsehschwäche

Die angeborene Farbsehschwäche betrifft etwa acht Prozent der Jungen und weniger als ein Prozent der Mädchen. Bei manchen dauert es relativ lange, bis sie ihre Schwäche bemerken, da sich diese meist nur auf den Unterschied zwischen Rot und Grün bezieht. Eine frühe Diagnose ist aber durchaus wichtig, da Betroffene zum Beispiel im Straßenverkehr stärker aufpassen müssen, weil sie rote Ampeln oder Rücklichter nur schwer erkennen. Für einen ersten Anhaltspunkt gibt es im Internet einen Test speziell für Kinder. Kinderärzte testen die Farbsichtigkeit spätestens bei der Vorsorge vor der Einschulung.

Totale Farbenblindheit, bei der nur Kontraste (hell-dunkel) wahrgenommen werden, ist sehr selten und entsteht vor allem durch angeborene Fehlbildungen der Netzhaut. Man nimmt an, dass etwa 3.000 Menschen in Deutschland darunter leiden, und zwar Frauen und Männer gleichermaßen. Meist reagieren die Betroffenen auch sehr empfindlich auf Licht.

Therapie
Für eine angeborene Farbenblindheit oder Farbsehschwäche gibt es bislang keine ursächliche Therapie. Bei Menschen, die vollständig farbenblind sind, helfen Brillen mit getönten Gläsern gegen die starke Blendempfindlichkeit.

Gut zu wissen
Eine Rot-Grün-Sehschwäche wird von den Betroffenen meist nicht als einschränkend empfunden, da sie von Geburt an besteht und sich nicht verschlimmert. Allerdings macht sie das Ergreifen einiger Berufe unmöglich, zum Beispiel in der Schiff- oder Luftfahrt, wo es auf das zuverlässige Erkennen von farblichen Signalen ankommt.

Anne Reis