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„Durch die Pflege meiner Mutter habe ich viel gelernt.“

Zwei von drei jungen Menschen (68 Prozent) können sich vorstellen, Angehörige zu pflegen. Das ist das Ergebnis des aktuellen Pflegereports der DAK-Gesundheit. Bastian Pfnister (26) ist einer von ihnen. Der Sachbearbeiter der DAK-Gesundheit ist drei Jahre alt, als seine Mutter an Multipler Sklerose erkrankt. Mit 18 Jahren übernimmt er ihre Pflege. 

Schon bald nach der Diagnose ist Bastian Pfnisters Mutter auf den Rollstuhl und Pflege angewiesen. Ein Pflegedienst kam für die Familie damals nicht in Frage. Die Großmutter übernimmt die Versorgung am Tag und kümmert sich um Kinder und Haushalt, nach der Arbeit übernimmt der Vater.

2014 ändert sich nach einem Herzinfarkt und zwei Hirninfarkten die Pflegesituation dramatisch. Das Herz der Mutter hat nur noch eine Leistungsfähigkeit von 30 Prozent, der Kreislauf ist schwach. Allein aufzustehen oder in der Wohnung herumzulaufen, ist nicht mehr möglich. Zu viel für die mittlerweile 70-jährige Oma. „Für mich war klar, dass ich die Pflege übernehmen möchte, und ich habe mir das zugetraut“, erinnert sich Bastian Pfnister. „Aus meiner Sicht ist es bei so einer Entscheidung aber unglaublich wichtig, seine Motive zu überprüfen. Wer diese Aufgabe aus Pflichtgefühl oder schlechtem Gewissen übernimmt, wird die Situation als belastend empfinden.“

Bastians Verhältnis zu seiner Mutter ist sehr gut, sie reden sehr offen. „Wir haben uns zusammen hingesetzt und besprochen, wie wir uns was vorstellen, welche Aufgaben ich übernehme und was sie allein machen kann und möchte. Dabei haben wir auch beide ganz klar Grenzen gezogen“, erzählt er.

Der damals 18-Jährige schmeißt den Haushalt, kauft ein, unterstützt seine Mutter beim Anziehen und Duschen, organisiert ihre Arzttermine und achtet darauf, dass sie die richtigen Medikamente zur richtigen Zeit nimmt. Überfordert hat er sich trotzdem nicht gefühlt. „Durch die Krankheit meiner Mutter waren meine drei Brüder und ich von klein auf daran gewöhnt, viel im Haushalt mitzuhelfen. Und auch in die Pflege meiner Mutter bin ich langsam hineingewachsen“, sagt Bastian Pfnister rückblickend. „Natürlich gab es auch mal anstrengende Tage, an denen es nicht gut gelaufen ist. Wenn man so viel Zeit miteinander verbringt, lassen sich auch Konflikte nicht immer vermeiden. Der Sport und meine Freunde waren für mich ein wichtiger Ausgleich.“ Bastian Pfnister spricht nicht nur im Freundeskreis offen über das Thema. „Menschen, die Angehörige zu Hause pflegen, erhalten meiner Ansicht nach nicht genug Aufmerksamkeit. Ich würde mir wünschen, dass sie aktiv Hilfe angeboten bekommen. Denn nicht jeder wächst so in die Aufgabe hinein wie ich und hat ein so unterstützendes Umfeld.“

Nach dreieinhalb Jahren ergibt sich für Bastian Pfnister eine berufliche Gelegenheit: „Ein Freund hat damals bei der DAK-Gesundheit gearbeitet und mir erzählt, dass Stellen für Azubis ausgeschrieben sind. Der Job klang spannend und da habe ich mich beworben.“ Die Mutter befürwortet, dass er sich beruflich orientiert. „Es war der richtige Zeitpunkt. Wir haben einen Pflegedienst gefunden, bei dem meine Mutter sich gut aufgehoben fühlt. Das war wichtig für mich, damit ich mit gutem Gefühl zur Arbeit gehen kann.“

Auf die Frage, ob der heute 26-Jährige sich noch einmal für die Pflege entscheiden würde, antwortet er mit einem entschlossenen „Ja!“. „Natürlich gab es Höhen und Tiefen. Aber ich habe die intensive gemeinsame Zeit genossen und auch viel gelernt, was mir heute im Leben und im Job weiterhilft. Ich kann mich sehr gut in Menschen einfühlen und weiß, was sie brauchen. Auch in Sachen Organisationsfähigkeit und Arbeitseinteilung bin ich fit. Mit Krankenkassen, Pflegediensten sowie Ärztinnen und Ärzten habe ich viel Kontakt gehabt. Das erleichtert mir meine Arbeit als Sachbearbeiter im Krankengeld-Team bei der DAK-Gesundheit.“ 

Janina Fortmann