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E-Sport erobert die Welt

Daddeln war gestern: Heute ist Computerspielen ein Sport
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Die Arena in Hamburg ist gut gefüllt. Die Jugendlichen blicken gebannt auf die Bühne, fiebern mit, jubeln, klatschen. Doch es steht kein Sänger vorne, auch kein Fußballer. Die jungen Besucher schauen auf einen riesigen Bildschirm – und auf Personen, die vor ihren Rechnern sitzen. Sie spielen das Computerspiel „Dota 2“ in der „Electronic Sports League“ und kämpfen mit Monstern und skurrilen Wesen virtuell gegeneinander. Sie sind E-Sportler.

Dass die Arena gut besucht ist, ist kein Zufall. Unter Jugendlichen ist E-Sport, das Spielen von Computerspielen im Wettkampf, sehr beliebt. Auf YouTube und Twitch erzielen Videos, in denen man E-Sportler bei der Praxis über die Schulter schauen kann, Millionen Klicks. Das Klischee des zu Hause spielenden Nerds, der allein vor seinem Bildschirm hockt, ist längst passé.

Spielen Sie Computerspiele?

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E-Sport ist der Trend der Stunde.
Zahlreiche Bundesligavereine entdecken den E-Sport gerade für sich. Ob Werder Bremen, VfL Wolfsburg, FC Schalke 04, RB Leipzig, Hertha BSC oder VfB Stuttgart, um nur einige zu nennen – E-Sport scheint eine gute Möglichkeit für die Vereine zu sein, neue Mitglieder für sich zu gewinnen. Und sie ist lukrativ: Die Preisgelder internationaler E-Sport-Turniere liegen mittlerweile im Millionenbereich. Auch wenn die Bundesligisten in der Regel mit dem Fußballspiel „FIFA“ aktiv sind, werden auch hier sicherlich die Preisgelder weiter steigen. Im Januar 2019 startet übrigens die Premier League in England die E-Sport-Premier-League, ein eigenes FIFA-19-Turnier. Andere europäische Ligen werden dem Beispiel sicherlich in Kürze folgen.

 

In Asien wird E-Sport olympisch.
Steckt E-Sport in Europa noch vergleichsweise in den Kinderschuhen, ist er in Asien schon längst eine Art Volkssportart. Vor allem Südkorea treibt den Trend voran. Regelmäßig kommen die besten Spieler aus dem relativ kleinen Land am Gelben Meer. E-Sport ist in Asien sogar so beliebt, dass es ab 2022 Teil der Asienspiele im chinesischen Hangzhou sein wird. Das gab das Asiatische Olympische Komitee (OCA) bekannt.

Wird Deutschland zum E-Sport-Land?
Am 26. November 2017 gründete sich in einer ehemaligen DFB-Villa in Frankfurt am Main der ESBD – eSport-Bund Deutschland e. V. Er setzt sich dafür ein, dass E-Sport in Deutschland als Sportart anerkannt wird und durch Professionalisierung weiter wächst. Diese geplante Anerkennung als Sportart steht auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Einen Dämpfer gab es Ende Oktober 2018: Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) erkannte in einer Grundsatzentscheidung E-Sports nicht als eigene Sportart an. Dennoch: Die Organisation des Interessen-Bundes, die Aktivitäten zahlreicher Vereine und eine steigende Medienberichterstattung werden das Thema E-Sport auch in Deutschland populärer machen. Und so werden sich in Zukunft die Arenen in vielen Städten noch stärker füllen, wenn die E-Sport-Szene ihre Konsolen in die Hand nimmt.

Stefan Suhr 

Drei Fragen an Ingo Froböse

Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule in Köln

Junge Menschen spielen hauptberuflich Computer. Der Trend nennt sich E-Sport. Kann man dies überhaupt als Sport bezeichnen?
Aus meiner Sicht kann man beim E-Sport ganz klar von Sport sprechen. Natürlich hat der E-Sport keine vergleichbare Körperlichkeit wie ein Fußballspiel oder ein 10.000m-Lauf, doch die haben viele andere Sportarten auch nicht. Man denke beispielsweise an Sportschießen oder Motorsport. Wie im E-Sport stehen hier die mentale Leistung und die Beherrschung eines „Sportgeräts“ viel stärker im Vordergrund als die reine körperliche Aktivität. Um ihre Schnelligkeit und Wahrnehmung zu verbessern sowie Spielmechaniken und Taktiken einzustudieren, trainieren E-Sportler oft mehrere Stunden am Tag, genauso wie traditionelle Sportler auch.

Wie stark sind diese Menschen suchtgefährdet?
Das Suchtpotenzial, das mit Videospielen einhergeht, sollte man natürlich nicht unter den Tisch kehren. Aus diesem Grund wurde auch die Spielstörung (engl. „Gaming Disorder“) von der Weltgesundheitsorganisation in den ersten Entwurf der 11. Auflage ihres Klassifikationssystems für medizinische Diagnosen (ICD-11) aufgenommen. Besonders Jugendliche und Jungen häufiger als Mädchen scheinen demnach gefährdet. Deshalb ist es wichtig, süchtiges Verhalten insbesondere in der Familie zu thematisieren. Genauso wichtig ist es aber auch, den E-Sport nicht direkt als Suchtmittel zu stigmatisieren. Nicht jeder Gamer, der viel spielt, ist gleichbedeutend süchtig.

Die Stars der E-Sport-Szene sind Vorbilder einer ganzen Generation. Welches Verhalten wünschen Sie sich von den Profis?
Auf den E-Sport-Profis lastet natürlich eine enorme Verantwortung. Sie sind Vorbilder für viele Jugendliche und junge Erwachsene, obwohl sie selbst oftmals noch sehr jung sind und – im Gegensatz zum Beispiel zu Fußballprofis – nur sehr selten auf ein Netzwerk aus professionellen Beratern zurückgreifen können, die sie in dieser Aufgabe unterstützen. Davon abgesehen würde ich mir wünschen, dass sich die Trainingsgestaltung weiterentwickelt. Weg vom stundenlangen Training am Computer, hin zum ganzheitlichen Training mit ausreichend Phasen für Regeneration und Ausgleichssport. Wir empfehlen den Profis, ihr Training durch regelmäßige Activity Breaks zu unterbrechen, in denen der Körper auf andere Art und Weise, zum Beispiel durch einen Ausdauerlauf oder ein Rückentraining, beansprucht wird. So kann sich der Kopf von der Zeit vor dem Computer erholen und gleichzeitig der Körper für die nächste Trainingsphase gestärkt werden. Wenn die Stars der Szene voran gehen und sich diese Art der Trainingssteuerung in der Leistungsspitze etabliert, wird sie sich nach und nach auch im Amateurbereich durchsetzen.

Computerspiele, Internet, Social Media – die digitale Kommunikation birgt neben vielen Vorteilen auch Suchtpotenzial. In unserem Themen-Special auf unserer Website geben wir einen Überblick über unsere Studien, zeigen auf, wie Sie Symptome erkennen, und welche Therapiemöglichkeiten es gibt. Hier finden Sie auch Tipps für Eltern und Angehörige und den Selbsttest „Bin ich süchtig?“.

Titelbild: Roman Kosolapov / Shutterstock.com
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