Diabetes gehört zu den größten Volkskrankheiten. Mit einem Diabetes-Programm, das fünf Extra-Leistungen wie Testpflaster für Zehenballen, besondere Blutdruckmessungen, Urintests, Leber-Ultraschalluntersuchungen oder ein Miktionstagbuch zur Blasenkontrolle umfasst, unterstützt die DAK-Gesundheit gemeinsam mit den Kassenärztinnen und Kassenärzten Betroffene, ihre Lebensqualität zu verbessern und Spätfolgen von Diabetes zu verhindern. Im Interview spricht Dr. Carsten Philipzig, Facharzt für Allgemeinmedizin und Diabetologie, über die Vorteile des Diabetes-Programms.
Was sind Anzeichen für Typ-2-Diabetes?
Dr. Carsten Philipzig: Klassische Symptome eines Diabetes mellitus Typ 2 sind Polydipsie, also vermehrtes Trinken und Polyurie (häufiges Wasserlassen). Vielmals klagen die Patientinnen und Patienten über allgemeine Symptome wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit, manche aber auch über Sehstörungen oder abdominelle Schmerzen.
Wie unterscheidet sich Typ-1- von Typ-2-Diabetes?
Bei Diabetes mellitus Typ 2 handelt es sich um eine Form der Zuckerkrankheit, bei der die Körperzellen schlechter auf Insulin reagieren. Das Insulin sorgt dafür, dass der Zucker aus der Nahrung in die Körperzellen gelangt, wo er dann abgebaut wird. Wenn das nicht mehr richtig funktioniert, bleibt die sogenannte Glukose im Blut – der Blutzuckerspiegel steigt. Auf Dauer können Nerven und Blutgefäße Schaden nehmen. Typ-2-Diabetes entsteht neben genetischer Veranlagung auch durch einen ungünstigen Lebensstil und Übergewicht.
Typ-1-Diabetes ist gekennzeichnet durch eine progrediente Zerstörung der insulinproduzierenden Beta-Zellen in den Langerhansschen Inseln der Bauchspeicheldrüse. Die Entwicklung ist individuell unterschiedlich, entweder fulminant innerhalb weniger Monate oder aber in einem eher chronisch regulierten Verlauf über Jahre, ein absoluter Insulinmangel, der dann mit den klassischen Symptomen Polyurie, Polydipsie, Ketoazidose und Gewichtsverlust einhergeht. Grundsätzlich gehört Diabetes mellitus Typ 1 zu den Autoimmunerkrankungen, während Diabetes mellitus Typ 2 eine sogenannte Wohlstandserkrankung ist, die häufig in Verbindung mit anderen Erkrankungen auftritt.
Welche Begleiterscheinungen und Spätfolgen drohen bei Typ-2-Diabetes?
Bei den Begleiterkrankungen handelt es sich z.B. um Hypertonie, Adipositas, Lipidstoffwechselstörungen, Arteriosklerose, COPD, obstruktives Schlaf-Apnoe-Syndrom, Depression und metabolisch-bedingte Fettlebererkrankungen. Spezielle Komplikationen, die durch Diabetes verursacht werden können, sind die diabetische Retinopathie (Schädigung, bzw. Erkrankung der Netzhaut des Auges), diabetische Nephropathie (Schädigung bzw. Erkrankung der Nieren) und diabetische Polyneuropathie (Schädigung bzw. Erkrankung der Nerven, speziell der Füße). Aber auch Schlaganfälle oder Herzinfarkte können als Folge von Diabetes mellitus auftreten.
Warum sind die fünf Extra-Leistungen des DAK-Programms für Diabetikerinnen und Diabetiker so wichtig?
Sie gehen nochmals mehr in die Tiefe als die ohnehin im DMP Diabetes Programm durchgeführten Untersuchungen. So helfen sie, Folgeerkrankungen früher zu erkennen und sind ein großartiges Instrument im Rahmen der Präventivmaßnahmen bei Diabetes mellitus.
Schauen wir doch einmal genauer auf einige der Zusatzleistungen. Was lässt sich mit dem Testpflaster für Zehenballen erkennen?
Das Testpflaster ist ein tolles Screening-Instrument zur Früherkennung der diabetischen Neuropathie. Es zeigt innerhalb weniger Minuten mittels Farbumschlag an, ob die Schweißsekretion gestört ist – ein Zeichen dafür, dass kleine autonome Nervenfasern bereits geschädigt sein könnten. So kann schon früh durch Schulung und Aufklärung der Entstehung eines diabetischen Fußulcus vorgebeugt werden.
Wie unterscheidet sich die besondere Blutdruckmessung, die sogenannte ABI-Methode von der herkömmlichen Blutdruckmessung?
Die ABI-Methode steht für Ankle Brachial Index (Knöchel-Arm-Index) und ist eine Methode, die das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen beschreibt. Durch sie können beginnende peripher-arterielle Durchblutungsstörungen erkannt und rechtzeitig behandelt werden. Indirekt dient sie zur Risikobeurteilung hinsichtlich weiterer Arteriosklerose-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall.
Und welche Erkenntnisse kann ein Leber-Ultraschall bringen?
Mittels Ultraschall der Leber lässt sich eine Fettleber deutlich vor Symptombeginn erkennen. Vielmals handelt es sich oft um eine „nichtalkoholische Fettlebererkrankung“ (non-alcoholic fatty liver disease, NAFLD). Diese kann unbehandelt zur Leberentzündung führen. Bei einer Entzündung vernarbt das Lebergewebe zunehmend, in fortgeschrittenen Stadien nimmt die Leberfunktion ab. Seltener kann dies zu einer Fibrose führen, die sogar bis zur Leberzirrhose fortschreiten kann.
Inwiefern hilft es Ihnen bei der Behandlung Ihrer Patientinnen und Patienten, wenn diese am Diabetes-Programm teilnehmen?
Zusammengefasst sind die fünf Extra-Leistungen, die die DAK unterstützt, aus ärztlicher Sicht kleine aber feine Untersuchungen, die helfen noch früher mögliche Folgeerkrankungen von Diabetes mellitus zu erkennen.
Interview: Nina Alpers