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Miteinander statt gegeneinander

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Festgefahrenen Streit lösen, ohne vor Gericht zu ziehen: Das kann durch Mediation gelingen. Sie funktioniert nicht nur bei Familien- und Nachbarschaftszwist, sondern bereinigt auch Betriebs- und Arbeitskonflikte.

Dauerstreit auf der Baustelle: Immer wieder schrien sich die beiden Vorarbeiter an, mehrfach gingen sie sogar mit Fäusten aufeinander los. Ihr Kleinkrieg blockierte wichtige Arbeitsabläufe und gefährdete Auftragsfristen. Dennoch wollte der Inhaber der Zimmerei beide Mitarbeiter halten. Da eine interne Schlichtung nicht fruchtete, wurde Wirtschaftsmediator Marc Dahl ins Haus gebeten: „In einem vierstündigen Gespräch unter sechs Augen konnten wir die Ursachen des Konflikts herausarbeiten und eine Lösung finden“, so Dahl.

Zu Beginn des vertraulichen Gesprächs warfen sich beide Kollegen Inkompetenz vor. Dann kam aber heraus, dass jeder die Anerkennung seiner Leistung vermisste, fachlich gab es gar nichts zu bemängeln. Mithilfe des Mediators fanden die Streithähne schließlich die Lösungen ihres Problems: Sie wollten Aufträge künftig gemeinsam abwickeln. Das „Wie“ sollte vorab besprochen und schriftlich dokumentiert werden. Der Kompromiss funktionierte – seitdem gab es keinen Zoff mehr auf der Baustelle.

Win-win-Situation

Dieser Fall ist typisch für eine Mediation. Die Konfliktparteien finden und tragen die zukunftsfähigen Lösungen gemeinsam. Ein überparteilicher Mediator gibt dafür nur den Rahmen vor, er selbst fällt keine Entscheidungen. „Hier liegt der Unterschied zu einem Gerichts- oder Schiedsgerichts-Verfahren, in dem eine Instanz Recht spricht“, sagt Marc Dahl von der „Deutschen Gesellschaft für Mediation in der Wirtschaft.“ Vor Gericht gebe es deshalb oft Verlierer, die im Extremfall das Unternehmen verlassen oder sogar dessen Bestand gefährden können. Eine Mediation helfe dagegen, dass alle Beteiligten wieder miteinander auskommen, zum Wohle des Betriebs.

 

Vorteile zu einem Rechtsstreit

Ein Konflikt zwischen Kollegen lässt sich mit einer Mediation schon mal an einem Tag lösen. Anders ist es bei einer unklaren Unternehmensübergabe, wo eine Schlichtung auch einige Monate dauern kann. Dennoch, Gerichtsverfahren ziehen sich in vergleichbaren Fällen oft über Jahre hin und der Gang vor Gericht führt selten zu gerecht empfundenen Lösungen. Das Honorar für den Mediator ist frei verhandelbar und orientiert sich meist an der Hierarchie-Ebene. Üblich sind Stundensätze zwischen 150 und 350 Euro. Eine Gerichtsverhandlung ist – je nach Streitwert – um ein Vielfaches teurer, ganz zu schweigen von den Folgekosten etwa für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter. Die Erfolgsquoten sprechen ebenfalls für die Mediation: Rund vier von fünf Konflikten lassen sich auf diese Weise lösen, ermittelte die „Deutsche Gesellschaft für Mediation in der Wirtschaft.“

 

Christoph Unger

Typische Konfliktfelder

Für Wirtschaftsmediation eignen sich Konstellationen, in denen die Parteien weiter zusammenarbeiten wollen oder müssen. Auch juristisch nicht eindeutig definierbare Fälle können so gelöst werden. Beispiele für solche Fallkonstellationen sind:

 

  • Konflikte in Familienunternehmen: Mitsprache bei Entscheidungen oder Führungspositionen
  • Konflikte mit Kunden, Lieferanten und Verbrauchern: Verfahrensabläufe oder mangelnde Kommunikation
  • Konflikte zwischen Unternehmen: Namensrechte oder Patente
  • Konflikte zwischen Mitarbeitern, Teams oder Abteilungsleitern: Wertschätzung oder Aufgabenabgrenzung
  • Konflikte zwischen Unternehmen und Mitarbeitern beziehungsweise deren Interessenvertretern: Gleichbehandlung oder Gehaltsansprüche
  • Fragen der Unternehmensnachfolge: Entschädigungsleistung oder Mitverantwortung

Grundprinzipien der Mediation

Freiwilligkeit:

Jede Konfliktpartei muss freiwillig teilnehmen. Die Streitenden sollen aus eigenem Wunsch und ohne Zwang ein Stück der eigenen Position aufgeben und lösungsorientiert handeln.

Allparteilichkeit:

Der Mediator nimmt die Interessenlagen aller Konfliktparteien gleichermaßen wahr.

Neutralität:

Der Mediator nimmt keine Wertung vor, zeigt weder Sympathie noch Antipathie. Dabei kann er eine Partei, die kommunikationsschwächer ist, aber durchaus mit der Bereitstellung von Argumenten stützen.

Vertraulichkeit:

Nach dem Mediationsgesetz besteht für den Mediator Verschwiegenheitspflicht – auch die Konfliktparteien dürfen keine Informationen nach außen tragen.

Eigenverantwortung:

Die Konfliktparteien sollen selbst Lösungen finden – der Vermittler (Mediator) hilft ihnen dabei, indem er einen Rahmen vorgibt.

Informiertheit:

Die Konfliktparteien sollen das Mediationsverfahren mit größtmöglicher Offenheit führen.

Wertschätzung:

Der Mediator bringt allen Konfliktparteien den gleichen Respekt entgegen.