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Kur für Kopf und Körper

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Der Aufenthalt am Meer tut Haut, Atemwegen und Psyche gut. Warum ist das so? Vogelgezwitscher, das Zittern einer Pappel im Wind, ein Wasserfall oder das regelmäßige Plätschern der Wellen am Meer – all das hat eines gemeinsam: Es sind Geräusche aus der Natur, die wir Menschen als angenehm empfinden.

Doch warum ist das so? Die gleichförmigen, nicht allzu lauten Geräusche sprechen Hirnareale an, die dann aktiv werden, wenn wir nichts tun oder tagträumen. Daher hört so mancher Meeresrauschen-Musik beim Meditieren und in Saunas wird gerne Vogelgezwitscher vom Band abgespielt. Blutdruck und Atemfrequenz sinken, Muskeln werden locker, Verspannungen lösen sich. Probieren Sie es aus:

Meeresrauschen ist Yoga für das Gehirn

Geräusche aus der Natur wecken häufig positive Erinnerungen. Dank Meeresrauschen aus dem Lautsprecher durchlebt man etwa den letzten Strandurlaub an Ostsee oder Algarve nochmal oder erinnert sich an die Möwenschreie beim Schlendern am Strand. Ein aufgeregter Hund kann uns zwar auch über Stunden mit Naturgeräuschen beglücken, nur selten verleiten diese jedoch zu Tagträumen. Das Bellen ist viel zu laut und als Geräusch zu abgehackt.

Das Gehirn ist beim Tagträumen nicht – wie man vielleicht denken könnte – faul oder träge, sondern es ist besonders aktiv. Da der Mensch in diesem Zustand frei vom Alltagsstress ist, zieht er sich auf sein Inneres zurück. Manchmal verarbeiten Menschen nach einer stressigen Zeit so auch ihre Eindrücke und Erlebnisse. Eine Redewendung besagt, dass man seinen Gedanken „nachhängt“ oder sich etwas „nochmal durch den Kopf gehen lässt“. Das sich wiederholende und als wohltuend empfundene Meeresrauschen wirkt dabei nicht nur entspannend, sondern fördert auch Ideen und Kreativität.

Salz, Sonne, Wasser

Dazu kommen am Meer natürlich die Elemente Sonne, Wasser und Salz. Licht wirkt stimmungsaufhellend, zudem reflektiert das Meerwasser die Sonnenstrahlen. Besondere Lichtverhältnisse an Küsten haben seit jeher Künstlerinnen und Künstler angezogen, von denen die eine oder der andere durchaus an Melancholie bis hin zu Depressionen litt. Vincent van Gogh zog es nach Arles an die Ufer der Rhone, nicht weit vom Mittelmeer. Der Romantiker Caspar David Friedrich malte seine Kreidefelsen auf Rügen. Und auch Edvard Munch zeigt in seinem Bilderzyklus „Melancholie“ einen sitzenden traurigen Mann am Meeresufer.

Bewegung an der frischen Luft oder Schwimmen im Meer tut ebenfalls gut. Patientinnen und Patienten mit Hautkrankheiten wie Neurodermitis und Schuppenflechte baden im Toten Meer, weil die hohe Salzkonzentration von 30 Prozent im Meerwasser entzündungshemmend sowie leicht desinfizierend wirkt.

Dusche mit Salzwasser hilft bei Neurodermitis

Wer nicht ganz so weit reisen möchte, ist auch an der Nordsee gut aufgehoben. Dort enthält das Meer immerhin 3,5 Prozent Salz. „Das Salz bewirkt, dass sich abgestorbene Hautschuppen und verhornte Haut lösen“, erklärt Hanka Lantzsch, Chefärztin der Asklepios-Nordseeklinik auf Sylt. Zum Einsatz kommt das Meerwasser in der Klinik in der Badewanne oder Dusche. Dazu pumpt die Klinik das Wasser direkt aus der Nordsee, reinigt es, wärmt es auf und reichert es bei Bedarf sogar noch mit Salz an. Dabei kommen laut Dermatologin Lantzsch die Badewannen vor allem bei Menschen mit Psoriasis zum Einsatz, Patientinnen und Patienten mit Neurodermitis nutzen eher die Meerwasserduschen. Lantzsch: „Neurodermitiker haben häufig stark entzündete Hautstellen. Da kann das Salz in der Wanne zu sehr brennen und ein Bad die Haut auch zu sehr austrocknen. In der Dusche können sie das Salzwasser besser dosieren.“

Das Salzwasser wirkt besonders im Zusammenspiel mit der Sonne, denn auch UV-Licht desinfiziert. Bei der Thalasso-Therapie (thalasso = griechisch Meer) kommen zu Meerwasser und Licht noch Algen, Schlick und Sand dazu. Zu viel Sonne wirkt allerdings entzündungsfördernd und mündet schnell in einem höchst ungesunden Sonnenbrand. Gerade die Kombination Sonne mit kühlendem Wind und das Sonnenlicht reflektierendem Wasser führt dazu, dass man sich an der Küste schnell einen Sonnenbrand einfängt. Zudem trocknen Salz, Wind und Sonne Haut und Haare aus. Wichtig ist also, dass man Haut und Haare nach dem Bad im Meer mit Süßwasser spült und Haut und Haaren die passende Pflege danach zukommen lässt.

Salzhaltige Aerosole wirken schleimlösend

Sonne, Wind, Meer und kühle Luft ergeben an der Nordsee ein Reizklima, das gerade Menschen mit Atemwegserkrankungen Erleichterung verschafft. Der Grund: Die Kombination Wind, Wellen und Brandung reichert die Luft mit winzigen Tröpfchen – Aerosolen – an. Sie machen die Luft feucht und salzhaltig. Ein Spaziergang am Meer pustet einen sprichwörtlich durch. Diese kühle und feuchte Luft fördert die Durchblutung. Sie stimuliert das Atmen, man atmet tiefer und so gelangt mehr Luft in die Lunge. Das Salz in den Aerosolen wirkt zudem schleimlösend.

Lantzsch, nicht nur Dermatologin, sondern auch Allergologin, rät möglichst nah am „Flutsaum“, also am Wasserrand zu spazieren. „Es macht schon einen Unterschied, ob ich einen Meter oder zehn vom Wasser entfernt gehe.“ Für Heuschnupfen-Geplagte kommt noch dazu, dass die Meeresluft weniger Pollen und damit Allergene enthält. „Bei uns weht meist Westwind. Der Wind bläst also direkt von der Nordsee landeinwärts“, ergänzt die 35-Jährige. Das Schlimmste, was passieren kann, sind nasse Füße.

Geraldine Friedrich