Radfahren tut dem ganzen Körper gut: Nicht nur Herz, Kreislauf und Psyche geraten in Schwung, auch Rücken und Gelenke kommen sanft in Form. Selbst bei Arthrose ist regelmäßiges Treten in die Pedale wohltuend – vorausgesetzt, wir gehen es langsam und schonend an.
Immer mehr Menschen haben in Corona-Zeiten ihre Begeisterung für das Fahrrad entdeckt: Mit rund 81 Millionen Fahrrädern war der Bestand in Deutschland 2021 so hoch wie nie zuvor. Der Spaß an der Mobilität erfreut auch Ärztinnen und Ärzte. Schließlich gilt Fahrradfahren als eine der gesündesten Sportarten der Welt. „Dieses optimale Ausdauertraining belastet unseren Körper auf sanfte und gleichmäßige Art“, betont Professor Ostermeier, leitender Orthopäde und Sportmediziner der Gelenk-Klinik Gundelfingen. „Das kommt dem Herz- und Kreislaufsystem ebenso zugute wie etwa unseren Muskeln und Gelenken.“
Achtsam losradeln
Regelmäßige Fahrradtouren bauen Stress ab und setzen zudem Glückshormone frei. Dass darüber hinaus auch die Fettverbrennung angekurbelt und die Figur somit in Form gebracht wird, macht das Radeln für viele zum perfekten Freizeitvergnügen. Grundsätzlich ist es für einen Start nie zu spät. Damit hinterher nicht verspannte Schultern oder Rückenschmerzen das Ergebnis trüben, raten Orthopädinnen und Orthopäden insbesondere in der zweiten Lebenshälfte zu maßvollem Strampeln. Professor Ostermeier rät: „Tempo und Fahrdauer bitte langsam steigern. Und besser mehrmals wöchentlich eine Stunde fahren, als einmal im Monat eine Mammuttour zu unternehmen.“ Empfehlenswert ist es, vor der Fahrt einige Dehnübungen auszuführen. Zum Beispiel diese: Zunächst langsam vor- und zurückbeugen. Dann beide Handgelenke umfassen, auf Brusthöhe heben und den Oberkörper möglichst weit abwechselnd von rechts nach links bewegen, am besten zehnmal. Das entkrampft die Rückenmuskulatur und macht sie geschmeidig.
Leichte Gänge schonen die Gelenke
Wegen seiner wirksamen Bewegungsabläufe schätzen Expertinnen und Experten Fahrradfahren auch als ideales Fortbewegungsmittel bei Gelenkverschleiß, zum Beispiel an der Hüfte. Denn hier gilt die Devise: möglichst viel bewegen, ohne dabei die Gelenke zu stark zu belasten. „Deshalb keine zu schweren Gänge wählen und regelmäßig treten, statt sich streckenweise einfach rollen zu lassen“, rät Professor Ostermeier.
Das sollten Sie bei Arthrose beachten
Auch bei Knie-Arthrose gibt es generell grünes Licht fürs Radfahren. „Verständlicherweise neigen viele Arthrose-Patientinnen und -Patienten dazu, das schmerzende Gelenk zu schonen“, sagt Prof. Ostermeier. „Doch ausreichende Bewegung ist für unsere Gelenke unerlässlich.“ Durch Sport wird Gelenkflüssigkeit durch den Knorpel gepumpt, die ihn ernährt und das Gelenk „schmiert“. Das kann den Fortgang der Kniearthrose bremsen. Besonders sanfte Bewegungsformen wie Fahrradfahren sind da empfehlenswert, um den Knorpel zu erhalten – im Gegensatz zu Sportarten mit schnellen Richtungswechseln wie Tennis, Fußball oder Badminton. Der Vorteil: „Beim zyklischen Treten auf dem Fahrrad gibt der Knorpel Abfallstoffe ab und nimmt neue Nährstoffe auf – durch das Zusammendrücken und Ausdehnen des Gelenks“, so der Experte. Sein Tipp an Arthrose geplagte Radlerinnen und Radler: „Achten Sie beim Radfahren auf Ihre Körperhaltung!“ Am besten in einem Fachgeschäft Sitzhöhe, Kniewinkel und Fußposition prüfen lassen – bei einer optimalen Einstellung sollte so schmerzfreies Radeln möglich sein. Vermeiden sollte man zudem, zu stark in die Pedale zu treten: „Besser möglichst leichte Gänge wählen, damit die Belastung aufs Kniegelenk niedrig bleibt“, empfiehlt Ostermeier. Für Patientinnen und Patienten mit Knie-Arthrose in fortgeschrittenem Stadion ist ein E-Bike eine gute Alternative. Absolut tabu ist Radfahren bei akuten Kniebeschwerden. Diese entstehen nicht selten durch ungeeignete Zweiräder – oft zu klein oder zu groß – oder eine falsche Körperhaltung beim Strampeln.
Rückenschonend radeln
Regelmäßiges Fahrradfahren ist auch für den Rücken eine Wohltat: „Die Muskulatur wird schonend gekräftigt – ohne abrupte Stoßbewegungen, wie sie etwa bei Ballspielen gang und gäbe sind“, betont Professor Ostermeier. Wichtig ist eine gute Körperhaltung: den Oberkörper idealerweise um etwa 20 Grad nach vorne beugen. Das wirkt entlastend auf die Wirbelsäule und trainiert die dortigen Muskeln. Wer Rückenprobleme hat, sollte beim Kauf seines Drahtesels auf eine komfortable Vollfederung achten. Empfehlenswert ist auch hierbei eine angenehme, passende Sitzhöhe: Wird der Sattel zu hoch eingestellt, belastet das die Wirbelsäule zusätzlich.
Für einen guten Start in die Radfahrsaison
Zum Start der Fahrradsaison sollten einige Dinge beachtet werden. So sollte auch bei kurzen Strecken immer ein Helm getragen werden – dabei bitte die richtige Passform im Blick behalten. Auch die Wahl des richtigen Fahrrades ist entscheidend. Denn beim Fahrradfahren kommt es auf die Startbedingungen an: Das falsche Rad oder eine ungünstige Körperhaltung kosten auf Dauer unnötig viel Kraft und Energie, fördern Rückenschmerzen, statt sie zu lindern und bremsen so den gesunden Freizeit-Spaß erheblich aus. Eine Beratung im Fachgeschäft kann helfen, die passende Ausstattung zu finden.