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Gesundheit & Fitness

Raus aus der Komfortzone

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In fast zwei Jahren Pandemie ist das Homeoffice für viele zur Normalität geworden. Und auch nach Corona möchte ein großer Teil der Menschen weiterhin zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten. Das hat viele Vorteile, birgt aber auch Gesundheitsrisiken.

Für viele Beschäftigte entstehen durch die dauerhafte Tätigkeit zu Hause gesundheitliche Probleme. Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage für die DAK-Gesundheit bewegen sich im Homeoffice 44 Prozent der Befragten „deutlich weniger“ als früher. Ein Drittel der Beschäftigten hat mindestens drei Kilogramm zugenommen – bei sieben Prozent waren es sogar mehr als fünf Kilogramm. Bewegungsmangel und Gewichtszunahme bleiben nicht folgenlos: 32 Prozent klagen über leichte oder sogar deutlich häufiger auftretende Rückenbeschwerden. Für die aktuelle DAK-Studie wurden im Februar 2021 rund 2.500 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vom Forsa-Institut befragt, die mehrmals pro Woche im Homeoffice arbeiten. „Die Arbeit zu Hause hat in der Pandemie viele Vorteile. Doch jetzt zeigt unsere Umfrage auch ernsthafte Gesundheitsrisiken für die Beschäftigten“, sagt Andreas Storm, Vorstandschef der DAK-Gesundheit. „Häufig verstärkt sich ein ungesunder Lebensstil. Das Homeoffice macht viele Menschen zum Bewegungsmuffel.“

32% klagen über leichte oder sogar deutlich häufiger auftretende Rückenbeschwerden.

„Der Spruch, dass Sitzen das neue Rauchen sei, ist nicht neu, aber es stimmt. Wir beobachten einen kollektiven Muskelschwund in der Gesellschaft.“

Prof. Dr. Ingo Froböse, Leiter des Instituts für Bewegungstherapie der Deutschen Sporthochschule Köln (DSHS).

44% der befragten bewegen sich deutlich weniger als früher.

Bewegungsmangel-Pandemie

Prof. Ingo Froböse, Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln, betont, dass sich bereits seit 10 bis 15 Jahren eine „Bewegungsmangel-Pandemie“ beobachten lässt. „Der Spruch, dass Sitzen das neue Rauchen sei, ist nicht neu, aber es stimmt. Wir beobachten einen kollektiven Muskelschwund in der Gesellschaft“, führt der Sportwissenschaftler aus. „Um unseren Körper gesund und leistungsfähig zu halten, müssen wir alle Systeme regelmäßig beanspruchen. Früher wurde das durch körperliche Arbeit oder den Weg zur Arbeit gewährleistet. Heutzutage fahren viele Menschen mit dem Auto ins Büro, nehmen den Fahrstuhl und sitzen dann den ganzen Tag. Und im Homeoffice wird diese Situation noch einmal verschärft, denn jetzt fallen auch noch die Wege in die Kantine oder zum Büro der Kolleginnen und Kollegen weg.“

Das ist ein großes Problem, denn laut Froböse hängt unsere Gesundheit am Tropf der körperlichen Bewegung. „Der Grundsatz lautet: Was genutzt wird, entwickelt sich, was ungenutzt ist, verkümmert. Beanspruchen wir unsere Körpersysteme nicht, verändern sich Stoffwechselprozesse negativ und das Risiko für viele chronische Erkrankungen steigt erheblich. Auch die Psyche leidet, da ihr ein Ausgleich zu den kognitiven Belastungen fehlt. Letztendlich ist körperliche Aktivität für den Geist wie eine Waschmaschine und für den Körper stellt sie notwendige Wachstumsprozesse sicher“, fasst er zusammen.

Umdenken und übertragen

Laut DAK-Studie möchten 46 Prozent aller Befragten in Zukunft auch nach der Corona-Pandemie mindestens die Hälfte ihrer Arbeitszeit im Homeoffice arbeiten. Was also tun? Zwei bis dreimal pro Woche gezieltes Ausdauer- sowie Krafttraining bildet die Basis. Doch damit ist es nicht getan. „Wir müssen einen stärkeren Fokus auf die Gesundheit im Homeoffice legen“, fordert Storm. „Wir brauchen eine kluge Aufklärung über die drohenden Risiken und passende Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung.“ Dieser Ansicht ist auch Prof. Froböse: „Die Prozesse des Gesundseins, die in vielen Unternehmen umgesetzt werden, müssen deutlich mehr ins Homeoffice übertragen werden. Denn wenn es seitens der Arbeitgebenden Angebote gibt und das Thema im Unternehmen einen hohen Stellenwert hat, entwickelt sich auch die Eigeninitiative der Mitarbeitenden.“

Erster Schritt: Aufstehen!

Ideal ist eine stündliche Unterbrechung der Arbeit von fünf bis zehn Minuten. Diese Zeit dient der Entspannung. Aufstehen und kleine Übungen am Arbeitsplatz helfen, den Stoffwechsel zu aktivieren, und – am allerwichtigsten – alle Strukturen im Körper werden wieder versorgt. Das Gehirn bekommt wieder Sauerstoff, Vital- und Nährstoffe werden verteilt, die Durchblutung wird angeregt und Reize werden auf Muskulatur, Knorpel und Knochenstrukturen ausgeübt. „Das kann man sich vorstellen wie eine Schulstunde. Schülerinnen und Schüler sowie Studierende sitzen nicht ohne Grund ‚nur‘ 45 Minuten. Das ist die Belastungszeit, die wir unserem Körper maximal zumuten sollten“, betont der Autor zahlreicher Ratgeber.

 

Angebote für zu Hause

Die DAK-Gesundheit hat den Bedarf an unterstützenden Gesundheitsangeboten auch in der Heimarbeit erkannt und bietet deshalb verschiedene Maßnahmen für zu Hause an. „Langes Sitzen und zu wenig Bewegung sind grundsätzlich große Risikofaktoren für den Rücken. In der Coronakrise kommt hinzu, dass uns alle ausgleichenden Sportmöglichkeiten im Club, im Verein oder mit Freundinnen und Freunden fehlen“, sagt Uwe Dresel, Diplom-Sportlehrer und Experte für Prävention und Gesundheitsförderung der DAK-Gesundheit. „Als Vorreiter bei digitalen Gesundheitsangeboten reagiert die DAK-Gesundheit mit onlinebasierten BGM-Maßnahmen nun auf die veränderten Anforderungen.“

Durchhalten:

So klappt's

„Der innere Schweinehund kann dressiert werden“, ist sich Prof. Froböse sicher. Aber wie bei einem echten Hund dauert die Dressur etwas länger. „Wir gehen davon aus, dass man etwa 60 bis 70 Kontakte zu seiner neuen Tätigkeit haben muss, um sie zu einem positiven Erlebnis zu machen“, erklärt er. Hier kommen die Durchhalte-Tipps des Sportwissenschaftlers:

 

Setzen Sie sich kleine Ziele, die Sie innerhalb von sechs Wochen erreichen können. Denn nach dieser Zeit kommt häufig ein Motivationstief. Belohnen Sie sich für das bisher Erreichte und nehmen Sie sich das nächste Ziel vor.

 

Reden Sie über Ihr Vorhaben. Denn die Fragen der Mitmenschen bauen sozialen Druck auf und motivieren, dranzubleiben.

Legen Sie klare Zeitfenster für das Training fest und schließen eine Art Vertrag mit sich, diese einzuhalten.

 

Verabreden Sie sich mit Gleichgesinnten – egal ob digital oder analog. So haben Sie Verantwortung jemand anderem gegenüber und das erhöht die Chance, dass Sie zum Training gehen.

 

Trainieren Sie so, dass Sie sich leicht unterfordert fühlen. Das sorgt für ein positives Gefühl nach dem Motto: „Wow, das hat mir echt gutgetan, das mache ich morgen wieder.“

Janina Fortmann