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Gesundheit & Fitness

Wenn Wetterumschwünge krank machen

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An einem Tag Hitze, am nächsten Gewitter mit Starkregen und kühlen Temperaturen. Extreme Wetterwechsel nehmen zu und bringen auch das Wohlbefinden vieler Menschen durcheinander. Während der Umschwung bei manchen nur die Stimmung beeinflusst, löst er bei anderen gesundheitliche Probleme aus oder verstärkt vorhandene Krankheiten.

Professor Dr. Andreas Matzarakis

Wie wir auf Wetterwechsel reagieren, hängt viel von unserem allgemeinen Gesundheitszustand, aber auch von weiteren Belastungen wie Stress oder Schlafmangel ab. Ein gesunder, ausgeruhter Organismus kann sich in der Regel gut an unterschiedliches Wetter anpassen. Anders sieht es bei älteren Menschen und chronisch Kranken aus. Der Leiter des Zentrums für Medizin-Meteorologische Forschung (ZMMF) in Freiburg i. Br. Professor Dr. Andreas Matzarakis erklärt: „Wetterempfindlich sind meist Menschen, deren Körper durch Alter oder chronische Krankheiten wie Rheuma, Asthma sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen bereits geschwächt ist oder bei denen eine Abweichung von der normalen Regulation besteht, etwa ein zu niedriger oder ein zu hoher Blutdruck.“ Das Herz-Kreislauf-System sei mit seinen komplexen vegetativen, hormonellen und biorhythmischen Regel- und Steuervorgängen für Wetterreize besonders sensibel.

Die Wirkung des Wetters

Die Wirkung des Wetters auf den menschlichen Organismus wird „Biotropie“ genannt. Es wird dabei zwischen wetterreagierend, wetterfühlig und wetterempfindlich unterschieden. Wetterreagierend sind alle Menschen. Bei sonnigem Wetter mit angenehmen Temperaturen steigt die Laune, bei Regen und Kälte ist es umgekehrt. Anders sieht es bei wetterfühligen Menschen aus, bei ihnen wirkt sich ein Wetterumschwung nicht nur auf die Stimmung aus, sondern führt auch zu körperlichen Symptomen wie Kopfdruck, Schwindel, Müdigkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten. Rund 15 bis 20 Prozent der Menschen sind richtig wetterempfindlich. Bei ihnen verstärken bestimmte Wetterlagen bestehende Erkrankungen etwa der Gelenke oder des Herz-Kreislauf-Systems. Etwa die Hälfte von ihnen kann sogar schon vor den Umschwüngen Veränderungen spüren, ist also „vorfühlig“.

Damit unsere Organe optimal funktionieren können, muss unser Körper eine konstante Temperatur von etwa 37 Grad haben – egal welches Wetter gerade ist. Dabei spielt das vegetative Nervensystem eine wichtige Rolle, es regelt lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag, Atmung, Blutdruck und den Stoffwechsel. Ändert sich das Wetter, passt sich der Körper an. Ob wir diese Anpassungsvorgänge spüren, hängt von Art und Intensität des Wettereinflusses ab. Dabei spielt nicht nur die Temperatur eine Rolle, sondern auch Luftfeuchtigkeit, Windstärke, Luftdruck und Sonnenlicht. Besonders belastend kann Hitze sein, da wir dieser meist ausgeliefert sind, während wir Kälte mit warmer Kleidung und mehr Bewegung gegenwirken können.

Professor Dr. med. Heribert Schunkert

Wie das Wetter Herz und Kreislauf belastet

Bei Herz- und Kreislaufleiden wie Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit (Verengungen der Herzkranzgefäße), Rhythmusstörungen oder Herzschwäche können ungünstige Wetterveränderungen insbesondere durch starke Temperaturschwankungen zur großen Belastung für den bereits geschwächten Organismus werden. „Im höheren Lebensalter versteifen Blutgefäße, sodass ein ohnehin beeinträchtigter Organismus überfordert werden kann, wenn wegen Wetterveränderungen zusätzliche Regulationsleistungen erforderlich sind“, erklärt Medizin-Meteorologe Andreas Matzarakis. Hitze und Kälte bewirken beispielsweise eine Weitung (Vasodilatation) beziehungsweise eine Verengung (Vasokonstriktion) der peripheren Blutgefäße und können dadurch Änderungen des Blutdrucks hervorrufen. „Wer einen zu hohen Blutdruck hat, leidet in Hitzeperioden besonders, weil extreme Hitze den Körper so unter Stress setzt, dass der Blutdruck zusätzlich steigen kann“, erläutert der Hochdruckexperte Professor Dr. med. Heribert Schunkert, Direktor der Klinik für Herz- und Kreislauferkrankungen am Deutschen Herzzentrum München. Aber auch das Gegenteil kann laut Schunkert der Fall sein, weil der Blutdruck aufgrund der Hitze und der sich weitenden Gefäße stark abfallen und so zu Ohnmacht, Schwindel oder Rhythmusstörungen führen kann.

Vorbeugende Maßnahmen

Um ungünstigen Wettereinflüssen vorzubeugen, hilft es, die eigene Gesundheit zu stärken. Besonders geeignet sind Methoden zur Unterstützung des vegetativen Nervensystems wie Wechselduschen, Kneipp Anwendungen und Besuche in der Sauna. Ausreichend Bewegung, vor allem an der frischen Luft, ein regelmäßiger Schlafrhythmus sowie eine gesunde ausgewogene Ernährung und der Verzicht auf Genussmittel wie Alkohol und Nikotin können sich ebenfalls positiv auswirken.

Wetterempfindliche Menschen sollten das Gespräch mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt suchen. Wenn bei ihnen Grunderkrankungen vorliegen, sollte abgeklärt werden, was sie sich bei ihrer jeweiligen Erkrankung zumuten können und welche Methoden für sie am besten sind.

Biowetter informiert

Um sich besser auf gesundheitliche Probleme bei Wetterumschwüngen einstellen zu können, hilft das Biowetter. Zusätzlich zur normalen Wettervorhersage gibt es einen Gefahrenindex für Wetterempfindliche und Personen mit Vorerkrankungen. Sie erfahren, ob die Wettereinflüsse eine geringe, hohe oder keine Gefährdung für die jeweilige Vorerkrankung darstellen. Diese Vorhersagen helfen vor allem älteren und kranken Menschen, zusätzliche Belastungen zu vermeiden und den Alltag entsprechend dem jeweiligen Wetter zu planen.

Fotos: Klaus Polkowski, Andreas Malkmus