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Familie & Freizeit

Wie aus Langeweile Kreativität entsteht

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Keine Treffen mit Freunden, kein Vereinssport, keine Ausflüge ins Schwimmbad oder in den Zoo: Die Corona-Krise hat das Leben für Klein und Groß radikal verändert. Gerade Kinder äußern da schnell ganz unverhohlen, dass sie sich langweilen. Was Familien in dieser Situation lernen können.

„Mama, mir ist langweilig …“, „Papa, was kann ich machen?“. Solche Sätze hören die meisten Eltern jetzt (noch) öfter als sonst. Auch weil mit dem Schulbesuch viel an Struktur weggefallen ist. Sind die Eltern dazu noch im Homeoffice, scheinen sie ständig verfügbar, ohne es wirklich zu sein. Wie können Mütter und Väter ihre Kinder unterstützen? Gilt es gar, zum Dauerbespaßer zu werden? Sind die Eltern, die die schönsten Bastel- oder Backresultate in den sozialen Medien vorzeigen können, die besten?

Langeweile ist gesund

Tatsächlich birst das Netz nur so vor Beschäftigungsideen (und auch wir haben ein paar für Sie). Es genügt bei jüngerem Nachwuchs allerdings meist nicht, Vorschläge zu machen („Züchte doch mal Urzeitkrebse“ oder „Stricke warme Socken für Omi“). Material muss zusammengesucht werden, oft wird ein Großer gebraucht, der dem Kind zur Hand geht. Zum Glück lässt sich das Thema auch aus einem anderen Blickwinkel betrachten: „Langeweile ist gesund“, sagten schon unsere Mütter. Damit lagen sie richtig, meint Neurobiologe Gerald Hüther. In einem Interview mit Bayern 2 hat sich der Experte jetzt dafür ausgesprochen, Kinder Langeweile aushalten zu lassen, auch und gerade unter den derzeitigen Umständen.

Etwas Starthilfe reicht

Das Gefühl von Langeweile führe automatisch dazu, dass die eigene Fantasie benutzt werde. „Oftmals entwickeln Kinder dann eine regelrechte Leidenschaft, mit der sie sich an bestimmte Dinge machen.“ Spielideen, die nicht von den Kindern selbst kommen, können da kaum mithalten. Eine gewisse Starthilfe könnten Eltern allerdings geben, damit „die Wut darüber, dass jetzt manches nicht mehr geht, nicht so groß wird und das Kind sich öffnen kann für das, was aus ihm herauswill.“ Gerald Hüther schlägt vor, mit Kindern in die Natur gehen, sofern möglich; Wald, Wiese oder ein verwildertes Grundstück sorgten fast von selbst für mehr Einfälle.

Knopfannähen als Impuls

Eine andere Idee: den Nachwuchs in Ruhe in einfache Tätigkeiten im Haushalt einweisen, etwa das Annähen eines Knopfes. Daraus könnten eigene kreative Versuche erwachsen, die stolz und zufrieden machen. In Langeweile liege eine große Chance, resümiert der Experte: „Wir erleben uns als Gestalter des eigenen Lebens.“ Auch Erwachsene könnten dies für sich als positive Erfahrung aus der Krisenzeit mitnehmen.

Eines jedenfalls dürfte kein Weg sein, der Langeweile zu entkommen: mehr Spielsachen. In einer britischen Studie mit Kleinkindern spielten die Kinder mit weniger Spielzeug intensiver und länger mit den einzelnen Dingen. Zudem wurde ihre Kreativität angeregt, da sie versuchten, das gleiche Spielzeug in verschiedenen Situationen zu nutzen. Einem – am besten gemeinsamen – Ausmisten des Kinderzimmers steht also nichts im Wege!

„Papa, was kann ich machen?“

Auch wenn Langeweile ausdrücklich erwünscht ist: Ab und zu eine nicht alltägliche Beschäftigungsidee umsetzen, auf die Klein und Groß Lust haben, versüßt die Corona-Zeit.

Kuchen oder Plätzchen backen

Vielleicht schafft Ihr Kind das (fast) schon allein? Wie trennt man Eier und worauf muss man bei der Bedienung des Backofens achten?

Kennen Sie Sketchnotes?

Diese Notizen aus Text, Bild und Strukturen machen auch Kindern Spaß, besonderes Zeichentalent ist nicht erforderlich. Anleitungen gibt es zum Beispiel bei YouTube. Wie wäre es mit einem Sketchnote-Tagebuch oder einem Sketchnote-Brief an die beste Freundin? Auch Rezepte können prima in Sketchnotes verwandelt werden.

Fotoalben für liebe Menschen basteln

Die Großeltern oder der Patenonkel freuen sich bestimmt über ein Päckchen mit lieben Erinnerungen. Sie bestellen die Fotos oder drucken sie aus, den Rest macht das Kind.

Mit dem Handy ein kleines Video drehen und bearbeiten

Oder einen Stop-Motion-Film mit Bildern von ausgeschnittenen Figuren oder Playmobilmännchen, die dann aneinandergereiht werden. Für beides gibt es Apps, zum Beispiel YouCut und Stop Motion Studio.

Fenster mit Kreidefarbe bemalen – nach Vorlage oder einfach so

In Italien haben viele Menschen den Mutmach-Slogan „Alles wird gut“ (#andratuttobene) auf bunt bemalten Bettlaken aus Fenstern und über Balkongittern gehängt. Vielleicht passt der Satz ja auf Ihr Fenster?

Steine mit lustigen Motiven gestalten

Am besten mit Acryl-, Plaka- oder Ölfarbe. 2019 avancierte das Bemalen und Auslegen von Steinen sogar zum kleinen Trend. Auf der Rückseite der Steine sind Facebookgruppen vermerkt, damit die glücklichen Finder sich melden können. Tipp: Steine erst nach Corona auslegen, weil’s sicherer ist.

Lust auf Dichten?

Googeln Sie das „AEIOU-Gedicht“, lassen Sie Ihr Kind nach demselben Muster Strophen erfinden oder suchen Sie gemeinsam nach den tollsten Reimen.

Klopapier & Seife

Zu den grauen Pappkernen von Toilettenpapierrollen gibt es 1.001 Bastelidee, vom Schmetterling bis zur Ritterburg. Stöbern Sie mal im Netz oder schauen Sie, was Ihrem Kind so einfällt. Und wussten Sie schon, dass man aus Seifenstücken kleine Skulpturen schnitzen kann? Und das ganz ohne scharfe Werkzeuge, ein Plastikmesser, ein Teelöffel und ein Zahnstocher reichen.

Annemarie Lüning