Adipositas – eine unterschätzte Krankheit
Gesundheit & Fitness

Adipositas – die unterschätzte Erkrankung

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Fettleibigkeit (Adipositas) kann nicht nur krank, sondern auch einsam machen. Das zeigt eine Studie der DAK-Gesundheit. Betroffene Menschen werden stigmatisiert und bekommen deshalb oft nicht die Behandlung, die sie brauchen.

„Dicke sind faul, undiszipliniert und willensschwach“ – nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch in medizinischen Berufsgruppen herrscht die Meinung vor, dass Adipositas (Fettleibigkeit) eine selbstverschuldete Erkrankung sei. Das belegt eine aktuelle Studie des Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrums (IFB) der Universität Leipzig. Dabei ist wissenschaftlich erwiesen, dass es sich bei Adipositas um eine komplexe chronische Erkrankung handelt, die ganz unterschiedliche, zum Beispiel soziokulturelle, genetische oder pränatale Ursachen haben kann. Dies bedingt auch, dass es nicht die eine heilbringende Therapie geben kann.

Wille zur Veränderung
Auch wenn kein Selbstverschulden vorliegt, ist eine Grundvoraussetzung für die erfolgreiche Behandlung, dass der Patient bereit ist, seinen Lebensstil hin zu mehr Bewegung und gesunder Ernährung umzustellen. Stark Übergewichtige, die meinen, dass ihnen dieser mühsame Weg durch Turbo-Diäten oder durch den Gang zum Chirurgen erspart bleiben könnte, müssen aufgeklärt werden. Eine erfolgreiche Therapie kann nur funktionieren, wenn sie mit einer dauerhaften Umstellung der Lebensgewohnheiten einhergeht. Der Wille zur Veränderung muss also unbedingt vorhanden sein.

Adipositas – Krankheitsübersicht

Moderne Adipositas-Behandlung

Realistische Ziele setzen
Doch das ist leichter gesagt als getan: Viele Menschen mit Gewichtsproblemen schenken den vollmundigen Werbeversprechen der Diätindustrie Glauben und begeben sich damit oft auf einen langen Leidensweg. Sie quälen sich durch zahlreiche Diäten, freuen sich über jedes verlorene Pfund, um nach einiger Zeit enttäuscht festzustellen, dass der Gewichtsverlust nicht von Dauer war und die Waage am Ende regelmäßig mehr anzeigt als vor dem Start der Diät. Den zahllosen kommerziellen, meist fragwürdigen Angeboten stehen nur wenige seriöse Therapien gegenüber.

Dazu zählen die interprofessionellen Programme sowie die bariatrischen Operationen. In der modernen Adipositas-Behandlung geht es nicht in erster Linie um eine Gewichtsabnahme, sondern um die Verbesserung des Gesundheitszustandes und das Reduzieren von Risikofaktoren. Eine Stabilisierung des Gewichts bei gleichzeitiger Verringerung der Begleiterkrankungen kann bereits ein Erfolg sein. Für den Großteil der Patienten ist das Idealgewicht oder ihr persönliches Wunschgewicht nicht zu erreichen. Um einen Therapieabbruch zu vermeiden, sind daher realistische Ziele wichtig.

Die DAK-Gesundheit klärt auf

Adipositas – eine ernstzunehmende Krankheit

Mit Adipositas-Experte Dr. Matthias Riedl    

 

Komplexes Krankheitsbild
Was für jeden an Krebs Erkrankten gilt, muss auch für einen adipösen Patienten gelten: Er muss die Möglichkeit einer evidenzbasierten Therapie erhalten. Eine medizinische S3-Leitlinie liegt auch vor, doch die Umsetzung scheitert an den beschriebenen Vorurteilen, mangelndem Wissen bei Ärzten, Krankenkassen und medizinischem Dienst sowie an fehlenden Therapieangeboten. Oft liegt es auch an der Komplexität der Erkrankung, den zum Teil nicht einfachen Patienten und den nur langsam herbeizuführenden Erfolgen, dass in der Arztpraxis die möglichen Behandlungsoptionen gar nicht erst angesprochen werden. Das ist fatal. Denn unbehandelt steigt für die Betroffenen das Risiko zunehmender gesundheitlicher Beeinträchtigungen.

Risikofaktor Metabolisches Syndrom
Das hohe Gewicht belastet nicht nur die Gelenke und den gesamten Bewegungsapparat. Viele stark übergewichtige Menschen leiden auch am Metabolischen Syndrom, einer Kombination aus starkem Übergewicht, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und erhöhten Blutzuckerwerten (Diabetes) – zentralen Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Todesursache Nummer eins in Deutschland. Etwa 20 Prozent der deutschen Bevölkerung sind vom Metabolischen Syndrom betroffen. Das komplexe Krankheitsbild entwickelt sich langsam und über Jahre hinweg, insbesondere als Folge von Bewegungsmangel und Überernährung. Da der Verlauf zunächst häufig schmerz- und symptomlos ist, werden die damit verbundenen Risiken oft unterschätzt oder erst (zu) spät erkannt. Die DAK-Gesundheit engagiert sich deshalb im Zukunftsgipfel Gesundheit e.V., um das tödliche Quartett, wie das Metabolische Syndrom auch genannt wird, bekannt zu machen.

Adipositas – komplexes Krankheitsbild

Adipositas –  konsequent bleiben

Problem konsequent angehen
Adipöse Menschen haben aber auch ein erhöhtes Risiko, an einer Depression und – auch das ist mittlerweile wissenschaftlich belegt – an Krebs zu erkranken. Früh einsetzende Aufklärung, Beratung, Diagnose und Therapie können somit nicht nur Leid bei den Betroffenen lindern. Auch gesamtgesellschaftlich lohnt es sich, das Problem der Unter- und Fehlversorgung adipöser Menschen konsequent anzugehen: Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und des damit einhergehenden Fachkräftemangels ist es unverantwortlich, ganze Gruppen von Arbeitnehmern in die Arbeitsunfähigkeit oder Frühverrentung zu entlassen, nur weil sie mit ihrer Erkrankung nicht adäquat behandelt werden.

Aufklärungskampagne SCHWERE[S]LOS
Die DAK Gesundheit hat in Kooperation mit Johnson & Johnson im September 2016 die Aufklärungskampagne SCHWERE[S]LOS gestartet, um in Politik und Fachöffentlichkeit über das Krankheitsbild Adipositas aufzuklären und damit einer Stigmatisierung von adipösen Menschen entgegenzuwirken.

Eva Walzik

 

Adipositas –  Aufklärungskampagne Schwere[s]los