Ein bissiger Kommentar des Kollegen, ein Rüffel der Chefin oder gar ein gescheitertes Projekt – leider geht auch bei guter Vorbereitung im Job nie alles glatt. Solche Kränkungen beschädigen das Selbstwertgefühl. Wie verarbeitet man sie am besten – und wie können Vorgesetzte dabei unterstützen?
Anne hatte lange an der Präsentation gearbeitet. Auf Wunsch der Teamleiterin hatte sie noch am Abend zuvor die Zahlen aktualisiert. Doch nun unterbrach die Vorgesetzte sie mehrfach, korrigierte sie vor der Geschäftsführung. Am liebsten wäre Anne rausgerannt und hätte sich heulend auf der Toilette eingeschlossen.
Diplom-Psychologin
Dr. Bärbel Wardetzki
Kränkungen verarbeiten
Auf der Arbeit ist die Wahrscheinlichkeit für Kränkungen hoch. Denn wir verbringen viel Zeit am Arbeitsplatz und oft stehen alle unter Druck – gerade in Zeiten des Personalmangels. Manchmal kollidieren Rollen und Sympathien. In anderen Fällen versuchen Menschen, sich auf Kosten anderer zu profilieren. Oft wird auch privater Frust beruflich ausagiert. Und auch Kundinnen oder Kunden können unangemessen persönlich oder aggressiv werden. „Eine besondere Schwierigkeit im Zusammenhang mit der Lösung von solchen Kränkungskonflikten besteht darin, dass sie auf zwei Ebenen gleichzeitig ablaufen: auf der Sachebene und auf der Gefühlsebene“, so Diplom-Psychologin Dr. Bärbel Wardetzki in ihrem Ratgeber „Kränkung am Arbeitsplatz“. „Die Lösung auf einer Ebene allein reicht oft nicht aus, um den Konflikt auch in Zukunft zu unterbinden.“
Führungsaufgabe
Berufliche Kränkungen können aus den unterschiedlichsten Gründen auftreten. Ein schiefer Blick oder eine uneindeutige Bemerkung können ebenso verunsichern wie offene Kritik oder kalte Missachtung. Im Gegensatz zu körperlichen Verletzungen sind Kränkungen immer subjektiv. Sabine Hockling, Wirtschaftsjournalistin und Bestsellerautorin („Was Chefs nicht dürfen – und was doch“), erklärt: „Kränkungen im Berufsumfeld beeinträchtigen einerseits das individuelle Wohlbefinden, andererseits beeinflussen sie die Arbeitsleistung und das Betriebsklima negativ. Und weil Unternehmen ein Arbeitsumfeld schaffen sollten, das durch Respekt, Wertschätzung und Fairness geprägt ist, sollten sie bei Kränkungen umgehend reagieren. Auch sind sie verpflichtet, sich schützend vor Betroffene zu stellen, Mitarbeitende, von denen eine Kränkung ausgeht, auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen sowie sie aufzufordern, diese Handlungen unverzüglich zu unterlassen. Denn sie haben grundsätzlich gegenüber ihren Beschäftigten eine Fürsorgepflicht. Das heißt, sie sind verpflichtet, ihre Mitarbeitenden am Arbeitsplatz vor Gefahren zu schützen. Dazu gehören auch Kränkungen – der § 3 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verpflichtet Arbeitgeber sogar dazu.“ Eindeutige Kränkungen muss sich demnach niemand bieten lassen.
Wirtschaftsjournalistin
Sabine Hockling
Christoph Teege,
Dipl.-Ing. (FH), Boxcoach
Präventive Strategien
Doch manchmal erscheint eine Beschwerde (noch) nicht als beste Lösung oder der Vorgang ist ohnehin subtiler. Christoph Teege, Dipl.-Ing. (FH), Boxcoach und Boxtherapeut, weiß: „Natürlich gibt es im Job Reibereien und Konflikte. Wichtig ist es daher, die Konflikte zu lösen, solange sie klein sind. Wenn man als Team ein gemeinsames Ziel hat, dann spielen persönliche Befindlichkeiten eine geringere Rolle.“ Dazu können alle beitragen: „Wenn ich schon vorher weiß, ich werde von einer bestimmten Person vermutlich gekränkt, kann ich mich zu Hause in Ruhe darauf vorbereiten. Je nachdem, wie ich mich verhalte, kann ich dafür sorgen, dass die Situation eskaliert oder sich entspannt. Ich kann dann zum Beispiel Schlagfertigkeit trainieren, ich kann die verbalen Angriffe mit den mentalen Boxhandschuhen abblocken, oder ich kann eine sachliche Nachfrage zur jeweiligen Aussage stellen. Beispielsweise: ‚Was genau meinen Sie damit, ich sei zu jung für die Führungsaufgabe?‘ Dann ist meist erst mal Ruhe.“ Vom Boxsport könnten die Beschäftigten zudem mehr Eigenverantwortung lernen: „Es lohnt sich, auch im Arbeitsalltag eine ‚Ringpause‘ zu machen. Um Kraft zu tanken und zu reflektieren: Was läuft gut, was läuft weniger gut? Warum passiert das immer mir und für welchen Anteil bin ich verantwortlich? Im Idealfall gibt ein Trainer oder eine Trainerin noch Tipps von außen.“
UNTERSTÜTZUNG FÜR IHR PERSONAL
ONLINE-VORTRAG „GESUND FÜHREN“
Stärken Sie Ihre Führungskräfte und fördern Sie eine gesunde Führungskultur in Ihrem Unternehmen.
RESILIENZ-BERATUNG
Die DAK-Gesundheit unterstützt Unternehmen dabei, die Resilienz ihrer Beschäftigten zu fördern – für eine aktive Stressbewältigung.
Informationen zum Thema sowie zu allen Angeboten: BGM-Hotline 040 325 325 720 zum Ortstarif oder per E-Mail an BGM@dak.de