Kribbeln in der Nase, brennende Augen, Krankheitsgefühl: Viele Allergie-Geplagte atmen auf, wenn sich der Pollenflug dem Ende neigt. Der Herbst ist die ideale Zeit, um mit der Hyposensibilisierung gegen Gräser oder auch Baumpollen zu beginnen, da keine allergieauslösenden Pollen in der Luft unterwegs sind.
Augentropfen, Nasenspray und Tabletten sind im Frühjahr die ständigen Begleiter der Heuschnupfen-Betroffenen. Doch diese Präparate können die Beschwerden allenfalls lindern. Eine Hyposensibilisierung bietet die Möglichkeit, die Allergie grundlegend zu behandeln. Wer drei bis vier Monate vor Einsetzen der jeweiligen Pollen-Flugsaison mit der Therapie beginnt, kann bereits im ersten Behandlungsjahr eine deutliche Verminderung der Beschwerden erreichen.
Mehr als nur lästig
Etwa 25 Millionen Menschen in Deutschland leiden Schätzungen zufolge unter einer Allergie. Die Symptome sind vielfältig: von Nase laufen, brennenden Augen bis hin zu schwerem Husten und Atemnot. Das ist für Betroffene nicht nur lästig, sondern kann unbehandelt auch richtig gefährlich werden. Deswegen sollte bei Symptomen unbedingt eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden. Sie klären ab, ob tatsächlich eine Allergie vorliegt und was die Auslöser sind.
Erster Schritt: Allergietest
Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare, Schimmelpilze – eine Allergie kann viele Ursachen haben. Deswegen wird zuerst ein Allergietest durchgeführt. Besonders häufig ist der Pricktest, bei dem verschiedene Allergene mit der Haut in Berührung gebracht werden. Der Test wird ambulant durchführt und liefert anhand der Hautreaktion schon nach kurzer Zeit ein Ergebnis.
Behandlung besprechen
Gemeinsam mit dem Arzt oder der Ärztin wird eine Behandlung der Allergie besprochen. Dabei ist maßgeblich, ob sich die Allergieauslöser vermeiden lassen, wie zum Beispiel bei Tierhaaren, oder ob die Betroffenen diesen im Alltag ständig ausgesetzt sind, wie bei Pollen. Ist letzteres der Fall, kann eine Hyposensibilisierung zur Behandlung in Betracht gezogen werden.Wie läuft eine Hyposensibilisierung ab?
Wer sich für eine Hyposensibilisierung entscheidet, braucht viel Geduld. Die Behandlung dauert mindestens drei Jahre und ist sehr zeitintensiv. Der Körper wird nach und nach an das Allergen gewöhnt, auf das er allergisch reagiert. Eine Möglichkeit ist die sogenannte subcutane spezifische Immuntherapie (SCIT), bei der die Ärztin oder der Arzt zunächst wöchentlich einen sogenannten Allergenextrakt in das Fettgewebe am Oberarm des Patienten spritzt. Die Allergendosis wird dabei nach und nach gesteigert. Ist die Maximaldosis des Allergenextrakts erreicht, wird diese Dosis weiter gespritzt, jedoch nur noch einmal pro Monat. Nach jeder Injektion muss die behandelte Person die erste halbe Stunde in der Arztpraxis bleiben – für den Fall, dass Nebenwirkungen auftreten und ein sofortiges ärztliches Eingreifen erforderlich ist. Eine weitere Möglichkeit ist die sogenannte sublinguale spezifische Immuntherapie (SLIT), die zum Beispiel bei Allergien gegen Baumpollen, Gräser oder Hausstaubmilben alternativ eingesetzt werden kann. Bei dieser Therapieform nehmen Patientinnen und Patienten das Allergenextrakt als Tropfen oder Tabletten zu Hause ein. Auch hier wird die Dosis unter ärztlicher Aufsicht langsam gesteigert und die Behandlung dauert mehrere Jahre. Der Vorteil: Arzttermine sind meist nur einmal pro Quartal nötig. Zudem eignet sich die SLIT für Kinder und Menschen, die Angst vor Spritzen haben.
Mögliche Nebenwirkungen
Nach einer Injektion sind leichte allergische Reaktionen wie lokaler Juckreiz oder Schwellungen an der Einstichstelle möglich. In seltenen Fällen kann auch Nesselsucht oder Asthma auslöst werden. Oder es kommt zu einem allergischen Schock. Aus diesem Grund gilt auch die Vorsichtsmaßnahme, nach einer Behandlung eine halbe Stunde in der Arztpraxis zu bleiben.
Weitere Varianten der Hyposensibilisierung
Für Heuschnupfen-Patienten ist auch eine Kurzzeit-Hyposensibilisierung möglich: Vor der jeweiligen Pollenflugsaison werden nur einige Spritzen gesetzt, das Verfahren wird mindestens dreimal innerhalb von drei Jahren wiederholt.Vorteile einer Hyposensibilisierung
Bei einer erfolgreichen Hyposensibilisierung gewinnen Betroffene ein großes Stück Lebensqualität zurück. Die Symptome werden gelindert, der Medikamentenverbrauch gesenkt und bei frühzeitiger Anwendung wird auch das Risiko minimiert, dass die Krankheit fortschreitet und beispielweise ein allergisches Asthma bronchiale entsteht.
Nachteile einer Hyposensibilisierung
Die Therapie ist sehr zeitintensiv und erfordert viel Disziplin, da die Injektionen und die Einnahme der Tropfen und Tabletten nach einem genauen Zeitplan durchgeführt werden müssen. Damit die Therapie möglichst reibungslos verläuft, sollten Allergiker am Tag der Injektion oder Einnahme körperliche Anstrengungen und Sport vermeiden. Gut ist auch ein Verzicht auf Sauna oder heiße Bäder. Eine Garantie auf Erfolg gibt es leider nicht. Von zehn Behandelten profitieren im Schnitt über die Hälfte bis zwei Drittel von einer Hyposensibilisierung: Bei einigen verschwinden die Symptome komplett, bei anderen werden sie nur gelindert und wieder andere spüren gar keinen Effekt.
Für wen ist eine Hyposensibilisierung nicht geeignet?
Grundsätzlich muss die Entscheidung für oder gegen eine Immunisierung gemeinsam mit dem Arzt getroffen werden. Liegen jedoch schweren Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems oder ein schlecht kontrolliertes Asthma vor, ist eine Hyposensibilisierung meist nicht die erste Wahl. Dies gilt ebenso bei Immundefekten, schweren Autoimmunerkrankungen oder bei einer Schwangerschaft. Auch für Kinder unter fünf Jahren empfiehlt sich diese Behandlungsmethode nicht.Nina Alpers