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Vier Pfoten für ein gesundes Büro

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Nicht nur Menschen mit Hund haben etwas davon, wenn ihre Vierbeiner am Arbeitsplatz willkommen sind: Wenn die Voraussetzungen stimmen, zahlt sich das Ja zum Bürohund für das ganze Unternehmen aus.

Bei ihrem ersten Besuch brachte Elly gleich unser ganzes Team dazu, lachend beieinanderzustehen: Ich war kurz aus dem Zimmer gegangen, als mein Hund sich an einer Kollegin vorbeidrückte und mir über den Flur entgegenstürzte – so begeistert, als ob ich tagelang weggewesen wäre. „Hunde im Büro tragen zu einem besseren, menschlicheren Arbeitsklima bei“, davon ist Markus Beyer überzeugt. Der Hundetrainer und Vorsitzende des Bundesverbands Bürohund e.V. appelliert an Unternehmen, sich mit den Vorzügen von Hunden am Arbeitsplatz auseinanderzusetzen.

Markus Beyer (Hundetrainer und Vorsitzender des Bundesverbands Bürohund e.V.) mit Bürohund Nando

Schau mir in die Augen

Start-ups, Werbeagenturen oder Architekturbüros zeigen schon länger Mut zum Hund. Vorreiter sind auch Konzerne wie Amazon. „Unsere Hunde tragen zur lebendigen, dynamischen Energie unseres Arbeitsplatzes bei“, sagt Lara Hirschfield, „Woof Pack“-Managerin bei Amazon. Im Gegensatz zum Fabrik-Arbeitsplatz oder Orten mit strengen Hygiene-Vorschriften eignen sich Verwaltungsjobs laut Beyer „hervorragend“, um Hunde mitzubringen.

Etliche Studien haben in den letzten Jahren die positiven Auswirkungen von Hunden auf ihr Umfeld belegt. Eine erlebe ich täglich: Wenn Elly mich anstupst, ich ihr durchs Fell wuschele, wird mein Blick weich, die Stimme liebevoll.

 

Burnout-Risiko senken

Forscher aus Japan haben herausgefunden, dass der Blickkontakt von einem Hund mit seinem Menschen vermehrt Oxytocin freisetzt. Dieses sogenannte Kuschelhormon, das man aus der Beziehung von Mutter und Kind kennt, beruhigt und baut Stress ab. Bei anderen Untersuchungen kam heraus, dass Hunde gut für die Herzgesundheit seien, gerade bei Alleinlebenden. Nicht zuletzt haben viele Menschen im Corona-Homeoffice erfahren, wie gut ihnen das engere Zusammensein mit ihrem Hund getan hat, und würden das gern beibehalten. All das ist Wasser auf die Mühlen von Markus Beyer. Ein Arbeitgeber, der Hunde zulässt, tut seiner Meinung nach viel „für die Burnout-Prophylaxe“. Balou und Luna unter dem Schreibtisch könnten helfen, der hohen Rate an psychischen Erkrankungen entgegenzuwirken. Die Lage ist ernst: Laut dem aktuellen DAK-Gesundheitsreport haben die Deutschen 2019 häufiger wegen Seelenleiden bei der Arbeit gefehlt als jemals zuvor.

Produktiver mit Minipausen

Wenn Elly dabei ist, bewege ich mich mehr, weil ich den Weg zum Büro und nach Hause als Spaziergang gestalte und mittags Gassigehen angesagt ist. Ob auf der Straße oder im Betrieb, Menschen lächeln uns an oder es ergibt sich Smalltalk. Und dann sind da noch die Minipausen am Schreibtisch, in denen ich den Hund streichle, ein Spielzeug werfe, und nach denen ich mich produktiver fühle als wenn ich mich an meiner Arbeit festgebissen hätte. Und Elly? Sie rollt sich mit einem zufriedenen Seufzer neben mir zusammen. „Kaum ein anderes Tier hat sich so auf den Menschen eingestellt wie der Hund“, weiß Markus Beyer. Ein Hund unter adäquaten Bedingungen im Büro sei immer besser als ein Hund allein zu Hause.

 

Nicht ohne meinen Hund

Eine offene Tür für Hunde hilft auch beim sich verschärfenden Wettbewerb um Fachkräfte: Eine Befragung der Bewertungsplattform kununu ergab, dass Arbeitnehmer neben Homeoffice und flexiblen Arbeitszeiten die Mitnahme von Hunden sehr schätzen. In den Social Media setzen immer mehr Unternehmen Ellys Artgenossen als Sympathieträger ein. Amazon versüßt mit ihnen sogar Fehler: Auf den „Error 404“-Fehlermeldungen der US-amerikanischen Hauptseite prangen Bürohunde. Markus Beyer empfiehlt Arbeitgebern, für die „Initiative Bürohund“ Rechte und Pflichten aller Beteiligten klar festzuschreiben und mit der Belegschaft in offenen Austausch zu treten: „Machen Sie klar, dass Sie Hunde zulassen, weil Sie Menschen mögen, aus wirtschaftlichen Interessen und weil der Arbeitsmarkt es verlangt.“ Dass mancher Kollege Hunden eher ablehnend begegnet, muss respektiert werden und in den Regeln – etwa durch hundefreie Bereiche und Leinenpflicht auf den Gängen – seinen Niederschlag finden. Nach Beyers Erfahrung gewöhnen sich viele Hundeskeptiker schneller um als gedacht: „Das sind oft die ersten, die stolz Leckerlis für den Bürohund aus der Tasche ziehen.“

5 Fragen an Markus Beyer

Gegen das Kopfkino

1. Was ist Voraussetzung dafür, dass ein Bürohund sich gut einfügt?

Gute Erziehung und ein gefestigtes Verhältnis zum Halter. Der Hund muss darauf vertrauen können, dass der Mensch auf ihn aufpasst – und nicht umgekehrt. Dazu kann es helfen, ihm anfangs einen festen Platz zuzuweisen, an der von der Tür abgewandten Seite seines Menschen.

2. Macht der Hund nur seinen Halter gesünder oder auch die Kollegen?

Es spricht viel dafür, dass es sich bei der Ausschüttung des stressabbauenden Oxytocins um einen natürlichen Prozess zwischen Hund und Mensch handelt. Allerdings kann „Kopfkino“ ein Hindernis sein: Manche Menschen haben Hunde als mögliche Gefahr verinnerlicht. Hier gilt es, die vorgestellte Gefahr durch Regeln so zu verringern, dass auch diese Kollegen sich sicher fühlen und eine Chance für ein Update ihrer Gefühle haben.

3. Ist es überhaupt ratsam, fremden Hunden in die Augen zu sehen?

Nicht beim ersten Kennenlernen: Der direkte Blickkontakt gilt unter Hunden als nicht beruhigend und für manche als potenziell offensives Verhalten. Sobald Mensch und Hund vertrauter miteinander sind, ist das etwas anderes. Hunde suchen dann sogar den Augenkontakt zu uns.

4. Braucht es wirklich schriftliche Regeln für Bürohunde?

Ich rate sehr dazu. Wenn Tiere „unter dem Radar“ mitkommen, weil Vorgesetzte mit den Haltern mitfühlen, aber den offiziellen Weg scheuen, reicht ein neuer Geschäftsführer oder Hausmeister, und das Tier muss von heute auf morgen weg – ein Drama.

5. Was können Arbeitgeber tun, damit es nicht zu viele Hunde werden – oder ein halber Zoo?

Indem Zahlen festgelegt und andere Tierarten ausgeschlossen werden. Zwar wird auch mit Haustieren wie Katzen das Kuschelhormon ausgeschüttet. Anders als bei diesen kommt es dem Wesen des Hundes aber sehr entgegen, wenn er mit uns „in die Welt“ gehen darf. Nach unseren Erfahrungen bringen in Unternehmen ohne Einschränkungen maximal dreieinhalb Prozent der Beschäftigten Vierbeiner mit. Der Rest hat keinen Hund, findet es für sich oder sein Tier nicht passend oder weiß es anderweitig gut untergebracht.

 

In Corona-Zeiten waren viele Hunde mehr mit ihren Menschen zusammen als je zuvor. Doch was tun, wenn die Homeoffice-Episode zu Ende geht? Markus Beyer hat auch dazu hilfreiche Tipps – zu lesen in „Erst Homeoffice-Hund, dann Büro-Bello?“.

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Annemarie Lüning
Fotos: Bundesverband Bürohund e.V., Julia Brauch