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Familie & Freizeit

Kindergesundheit in Gefahr

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Nach Monaten des Lockdowns mit Homeschooling und geschlossenen Kitas sind nicht nur die Eltern erschöpft. Auch bei den Kindern und Jugendlichen werden die Spuren immer deutlicher. So steigen die Zahlen adipöser Kinder ebenso wie von jungen Patientinnen und Patienten mit Untergewicht. Auch Essstörungen wie Bulimie und Magersucht nehmen zu. Eine DAK-Sonderstudie zeigt das alarmierende Ausmaß.

Max ist erschöpft, sieben Stunden hat der 12-jährige vor dem Laptop gesessen und versucht, dem Schulunterricht zu folgen. Alles verstanden hat er in dieser Zeit nicht, denn die Verbindung ist mehrmals abgebrochen. Helfen kann ihm in dieser Situation niemand, seine Mutter arbeitet Doppelschichten im Krankenhaus und sein Vater sitzt in einem anderen Zimmer in Videomeetings. Frustriert schiebt sich Max eine Tiefkühlpizza in den Ofen. Es ist seine erste Mahlzeit an diesem Tag. Bisher hat er nur am Laptop gesnackt, was ihm gerade in die Finger kam. Max vermisst seine Freunde und das Fußball-Training. Allein rausgehen ist ihm zu öde, also setzt er sich mit der Pizza vor den Fernseher. In vier Monaten hat Max acht Kilo zugenommen und damit ist er nicht allein. 2020 wurden in den Krankenhäusern 60 Prozent mehr Mädchen und Jungen aufgrund einer Adipositas behandelt als im Vorjahr.

Ella wacht weinend auf. Es ist weit nach Mitternacht, doch die 5-jährige kann nicht wieder einschlafen. Sie fühlt sich einsam und ruft nach ihrer Mutter. Nach einer Weile kommt diese erschöpft und schlaftrunken, um Frieda zu trösten. Mit zitternder Stimme erzählt Ella, dass sie sich allein fühlt und Angst hat, dass Corona niemals aufhört. Den ganzen Tag hat sie in ihrem Zimmer gespielt und versucht, nicht zu stören, während ihre Mutter gearbeitet und gleichzeitig ihrer älteren Schwester beim Homeschooling geholfen hat. Zeit für Ella blieb da keine. Das kleine Mädchen ist so traurig, dass sie selbst beim gemeinsamen Abendessen keinen Bissen hinunterkriegt und auch nicht erzählt, wie sie sich fühlt. Nachts kann sie nicht mehr, zu lange hat sie sich zusammengerissen. Wie Ella hatten besonders im Herbst- und Winter-Lockdown viele Kinder mit Depressionen und Angststörungen zu kämpfen. Es wurden acht Prozent mehr Kinder und Jugendliche deswegen stationär behandelt als im Vorjahr. Essstörungen wie Magersucht und Bulimie nahmen um fast zehn Prozent zu.

Dies sind nur zwei Geschichten, die sich hinter den Zahlen des aktuellen Kinder- und Jugendreports der DAK-Gesundheit verbergen. Wie sich die Folgen der Pandemie langfristig auf die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen auswirken werden, ist derzeit noch schwer vorherzusagen. Doch Medizinerinnen und Mediziner sind besorgt. Das bestätigt auch Professor Dr. Wolfgang Greiner von der Universität Bielefeld: „Wir haben 2020 weniger Nachholeffekte in deutschen Klinken erlebt, als wir erwartet hatten. Inzwischen sehen wir aber zum Teil schwerere Erkrankungsverläufe oder eine Zunahme bestimmter gesundheitlicher Problemlagen, wie häufigere Adipositas- und Diabetes-Behandlungen. Es ist derzeit noch nicht absehbar, ob langfristig aus den beobachteten Entwicklungen der Pandemie-Zeit weitere Belastungen für Kinder und Jugendliche sowie das Gesundheitssystem folgen.“