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Gesundheit & Fitness

Leben mit Long COVID

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Noch Monate nach ihrer akuten COVID-19-Erkrankung hat Daniela Kuge, Landtagsabgeordnete in Sachsen, mit Einschränkungen im Alltag zu tun. Wie es ihr anfangs erging, was sie in der Reha gelernt hat und wie sie heute mit Long COVID umgeht, erzählt die Gesundheitspolitikerin im Interview.

Wann und wie kam heraus, dass Sie akut an COVID-19 erkrankt sind?

Im Dezember 2020 hatte ich zunächst die typischen Erkältungsbeschwerden wie Schnupfen und Husten, dann kamen auch Geschmacksverlust und Kreislaufprobleme dazu. Das passierte alles innerhalb weniger Stunden. Ich bin dann sofort mit meinem Mann in eine nahe liegende Klinik gefahren und habe mich auf COVID-19 testen lassen – mit positivem Ergebnis.

 

Wie erging es Ihnen in den folgenden Wochen?

Drei Wochen später habe ich wieder mit dem Arbeiten angefangen. Ich bemerkte aber weiterhin bestimmte Beschwerden: Es schmerzte an verschiedenen Körperstellen, das Atmen fiel mir schwer, mein Kreislauf machte Probleme, ich hatte Wortfindungsstörungen und meine Konzentration ließ nach. Daraufhin konsultierte ich verschiedene Ärzte, unter anderem eine Lungenspezialistin. Meine Lunge war zu diesem Zeitpunkt aber noch in Ordnung. Aufgrund meiner Sprachstörungen untersuchte mich die Pneumologin auch auf das Vorliegen eines Schlaganfalls – mit negativem Ergebnis. Dann habe ich in einer anderen Klinik mein Herz überprüfen lassen – dabei wurde eine Herzmuskelentzündung diagnostiziert. Den Rat, mich möglichst zu schonen, habe ich versucht, so gut wie möglich umzusetzen: Ich habe zum Beispiel nur virtuell gearbeitet, weil ich mir auch das Autofahren nicht zugetraut habe. Da ich das Gefühl hatte, dass meine Herzprobleme schlimmer wurden, bin ich nochmal zur Kontrolle in die Klinik. Dort wurde festgestellt, dass sich das Herz mittlerweile erholt hatte, die Entzündung aber auf die Lunge übergegangen ist. Zur Behandlung habe dann ich das erste Mal ein Medikament bekommen. Das alles, was ich hier schildere, zog sich bis zum Frühjahr 2021 hin, also mehrere Monate. Das Problem war einfach, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keinen Therapie-Leitfaden für Long COVID gab. Die Genehmigung, Long COVID zu behandeln, gibt es ja erst seit dem 1. Juli 2021.

Sie haben dann eine Reha-Maßnahme in einer spezialisierten Klinik durchgeführt.

Genau. Von Ende Mai bis Mitte Juni 2021 wurde ich dort mit vielfältigen Anwendungen ganzheitlich behandelt – also nicht nur körperlich, sondern auch psychisch. Das reichte von Fitnesstraining, Walking und Aquagymnastik über Massagen, Krankengymnastik, Akupunktur und Ernährungsberatung bis hin zur Psychotherapie, Achtsamkeitspraktiken und Yoga. Dadurch ist unter anderem auch mein Lungenvolumen besser geworden, sodass ich seit der Reha auch keine Medikamente mehr benötige.

 

Und wie geht es Ihnen jetzt (Ende Juli 2021)? Welche Erkenntnisse aus der Reha können Sie umsetzen im Alltag?

Defizite habe ich immer noch, auch wenn man mir das nicht unbedingt anmerkt. Ich bin schneller erschöpft als früher. Die Wortfindungsstörungen sind aufgrund meiner Übungen nicht mehr so schlimm. Ich gehe regelmäßig zur Physiotherapie, um die noch vorhandenen Muskel- und Gelenkschmerzen zu lindern. Außerdem achte ich darauf, dass ich mir Zeit fürs Essen nehme. Was mich in der Reha auch weitergebracht hat: Der Psychologe dort hat mir genau aufgezeigt, wie viele Stunden ich in Wirklichkeit arbeite. Ich versuche jetzt eine bessere Work-Life-Balance hinzukriegen.

Als Landtagsabgeordnete haben Sie einen sehr anspruchsvollen Job. Wie schaffen Sie es, hier auf sich zu achten?

Ich setze Prioritäten jetzt anders. Indem ich zum Beispiel auch mal einen Termin, etwa am Abend, verschiebe oder auch absage, wenn ich mich nicht gut fühle. Oder indem ich mir mal einen Nachmittag in der Woche frei nehme oder das Wochenende ganz ohne Arbeit, nur mit der Familie, verbringe. Glücklicherweise habe ich auch tolle Kolleginnen und Kollegen in meiner Fraktion, die von meiner Situation wissen und viel Rücksicht nehmen – und mich anfangs zum Beispiel in Ausschüssen vertreten haben.

 

Was ist in Ihren Augen nötig, um Long COVID in Zukunft noch besser in den Griff zu kriegen?

Neben dem weiteren Umsetzen der Impfstrategie ist es wichtig, dass die Forschung zu Long COVID vorankommt. Und wir brauchen eine umfassende gemeinsame Aufklärung durch Krankenkassen, Ärzteschaft und Politik.

 

Gibt es etwas Positives, das Sie aus den letzten schwierigen Monaten ziehen konnten?

Ich habe Achtsamkeit in der Reha gelernt. Mein Fazit: Ich muss achtsam mit meinem Körper und Geist umgehen. Das kann man bei jeder Krankheit beherzigen, aber gerade bei COVID-19, wo man oft niedergeschlagen ist, hilft es, den Blick auf das Positive zu richten.

  • Mit Long COVID werden die Spätfolgen einer COVID-19-Erkrankung bezeichnet. Sie können noch mindestens drei Monate nach der eigentlichen, oft auch schwach verlaufenden Akuterkrankung auftreten, viele Betroffene haben seit mehr als zwölf Monaten damit zu kämpfen. Im Fall einer verzögerten Genesung nach initial meist schwerer Erkrankung spricht man häufig auch vom Post-COVID-Syndrom (PCS).
  • Die Symptome reichen von verminderter Leistungsfähigkeit und Konzentrationsschwäche über Kreislaufbeschwerden und Kopfschmerzen bis hin zu Herzrhythmusstörungen und Angstzuständen. Während manche Menschen nur ein Symptom haben, tritt bei anderen die gesamte Palette auf. Die Schwere der Symptome scheint unabhängig vom Verlauf der akuten COVID-19-Erkrankung davor zu sein nach bisherigem Wissensstand.
  • Expertenschätzungen zufolge weisen rund 10 Prozent aller COVID-19-Infizierten Spätfolgen auf – das sind nach aktuellem Stand (1. August 2021) rund 380.000 Menschen in Deutschland. Betroffen sind alle Altersgruppen.
Unser Angebot:

Hotline-Hilfe bei Long COVID

Wer nach einer überstandenen COVID-19-Infektion noch Wochen oder Monate unter Husten oder Kurzatmigkeit, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Herzklopfen, Brust- oder Gelenkschmerzen bis hin zu Depressionen und Schlaflosigkeit leidet, gehört vielleicht zu den 10 bis 15 Prozent, die ein Long-COVID- oder auch Post-COVID-Syndrom (PCS) entwickelt haben.

Um eine gesicherte Diagnose zu stellen, ist Ihre Hausarztpraxis die richtige Anlaufstelle. Doch auch wir, Ihre Krankenkasse, können Ihnen kompetente Hilfen vermitteln und Sie durch den Dschungel der zahlreichen Beratungsangebote führen. Dafür haben wir eine spezielle Long-COVID-Hotline eingerichtet, über die unsere gut vernetzten Gesundheitsberaterinnen und -berater Sie schnell in die richtigen Hände vermitteln können. Welche konkreten Hilfestellungen Betroffene hier erwarten können, beschreibt DAK-Gesundheitsberaterin Corinna Auers:

„Wir sind keine medizinischen Fachkräfte, aber wir haben eine wichtige Beratungs- und Lotsenfunktion beim Umgang mit Long COVID und können Möglichkeiten für nächste Schritte aufzeigen. Wenn wir von den Anrufenden erfahren haben, was der konkrete Bedarf ist, können wir an die richtigen Adressen und Fachleute innerhalb unseres großen Netzwerks vermitteln, um eine schnelle Versorgung einzuleiten. Zum Beispiel an die Rentenversicherung in Sachen Rehabilitation oder an bestimmte Fachärztinnen und Fachärzte aus den Bereichen Pneumologie, Neurologie oder Psychiatrie – je nach Symptomatik. Um schnellstmöglich einen Arzttermin zu bekommen, kann zum Beispiel die Terminservicestelle der Kassenärztlichen Vereinigung des jeweiligen Bundeslandes eingeschaltet werden. Außerdem können wir an lokale Ambulanzen von Unikliniken sowie Long-COVID-Selbsthilfegruppen verweisen.“

Die Hotline steht allen DAK-Versicherten offen. Sie haben hier die Möglichkeit, sich individuelle Beratung einzuholen und gleich auch passende Leistungsangebote prüfen zu lassen.

Sie erreichen uns zu folgenden Zeiten:
Montags bis freitags von 9 bis 14 Uhr.

Rufen Sie an unter:

DAK-Long-COVID-Hotline
040 325 325 922

(Sie zahlen lediglich den Anruf zum Ortstarif.)

Fotos: privat

Das Interview führte Thomas Corrinth