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Ernährung & Rezepte

Kinderteller ohne Tier

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Immer mehr Kinder und Jugendliche wollen sich anders ernähren als ihre Eltern. Sie werden zu Vegetariern. Doch was bedeutet das für die gemeinsamen Mahlzeiten?

Das waren noch Zeiten, als beim Kindergeburtstag nichts ohne Würstchen ging und die Scheibe Wurst auf die Hand beim Einkaufen das Höchste der Gefühle war. Mitunter beschließen heute schon Achtjährige, kein Fleisch mehr zu essen. Verständlich, dass sich Eltern da Gedanken wegen möglicher Mangelerscheinungen machen. Kindern geht es oft um die Tiere, manchen schmeckt Fleisch auch einfach nicht. Die Gesundheit dagegen liegt zunächst vor allem in der Verantwortung der Eltern.

Pfannkuchen und Veggie-Pizza

Der oft gehörte Satz stimmt auch hier: Kinder sind keine kleinen Erwachsenen. Für eine gesunde Entwicklung sind etliche Punkte wichtig. „Besondere Vorsicht ist bei veganer Ernährung geboten“, weiß Silke Willms, Diplom-Ökotrophologin bei der DAK-Gesundheit. „Wenn außer Fleisch und Fisch auch alles aus Milch sowie Eier wegfallen, muss man sich wirklich sehr gut auskennen, um den Bedarf eines Heranwachsenden an Eiweiß, Eisen, Zink, Kalzium und den Vitaminen D, B2 und B12 zu decken.“ Viel unkomplizierter ist es, wenn Sie sich auf ovo-lacto-vegetarische Kost fürs Kind einigen, also regelmäßig Eier und Milchprodukte – gemeinsam beim nächsten Biohof eingekauft?! – auf den Tisch kommen. Lieblingsspeisen wie Pfannkuchen und Pizza spielen Ihnen in die Karten.

 

Bitte keine Pudding-Vegetarier

Bei der Familienmahlzeit das Schnitzel weglassen und sich dafür am Nachtisch satt essen – so funktioniert gesunder Vegetarismus nicht. Es gilt, die Kost mit Bedacht aus den verschiedenen Lebensmittelgruppen zusammenzustellen. „Kombinieren Sie Kartoffeln mit Bohnen, Erbsen, Linsen und Vollkorngetreide und variieren Sie die Gemüsesorten“, rät DAK-Expertin Willms. Auf dem Teller sollte es so bunt zugehen wie auf einer Ampel: mal rot (Möhren, Rotkohl), mal grün (Spinat, Bohnen), mal gelb (Kürbis, Pastinaken). Salat, Obst, Nüsse, ab und zu ein Ei, Käse, Joghurt und Co. runden den Speiseplan ab. Je nach Alter können Sie Kinder am Kochen der vegetarischen Extrawurst beteiligen. Nicht zuletzt bietet Ihnen Ihr fleischlos glücklicher Nachwuchs eine wunderbare Gelegenheit, die vegetarische Küche selbst einmal auszuprobieren.

Der richtige Mix macht’s

Eisen, im Wachstum und bei Mädchen ab Beginn der Menstruation unverzichtbar, bekommen Fleischgegner über Vollkornlebensmittel, Haferflocken und manche Gemüsesorten (Spinat, Mangold, Hülsenfrüchte). Auch gut zu wissen: Der Körper nimmt pflanzliches Eisen am besten zusammen mit Vitamin C auf – ein Glas O-Saft hilft. Für Knochen, Zähne und Gehirn brauchen Kinder und Jugendliche viel Kalzium, zu finden in Milch, Hülsenfrüchten, Tofu, grünem Blattgemüse, Trockenfrüchten, Nüssen und Mineralwasser. Auf genügend Jod achten – auch dafür sind Milch und Eier wichtig – und besonders in Süddeutschland jodiertes Speisesalz verwenden. Das bei der Blutbildung benötigte Vitamin B12 steckt in milchsauer Vergorenem wie Sauerkraut, Joghurt oder Dickmilch. Unsere Darmbakterien können B12 auch selbst produzieren, wenn sie gut versorgt sind.

Wer auf Nummer sicher gehen möchte, lässt die vegetarische Ernährung mit einem jährlichen Blutbild vom Kinderarzt begleiten. Hellhörig werden sollten Sie, wenn es Ihrem Kind vor allem um Gewichtskontrolle zu gehen scheint: Eine amerikanische Studie wies bei jugendlichen Vegetarierinnen vermehrt Essstörungen wie Magersucht und Bulimie nach.

Kurz und knapp

 

Wenn die Eltern Vegetarier sind
„Lassen Sie Ihr Kind selbst entscheiden, ob es Fleisch probieren möchte“, empfiehlt Silke Willms. „Verbote erhöhen nur den Reiz.“ Sagen Sie, dass es Ihnen vegetarisch einfach besser schmeckt, statt womöglich schon die Kleinsten mit Erörterungen zu Gesundheit, Massentierhaltung oder Welthunger zu überfrachten: „Essen sollte nie mit Schuldgefühlen verbunden sein.“

 

Jeden Tag Mohrrüben?
Was, wenn das Kind über längere Zeit stets dasselbe Gemüse möchte? „Vertrauen Sie in einer solchen Phase darauf, dass Ihr Kind weiß, was seinem Körper gut tut. Den meisten Erwachsenen fehlt dieses Gespür leider“, sagt Silke Willms. Ein Kind, das sich immer wieder Möhren wünscht, braucht vielleicht gerade viel Karotin, eine Vorstufe des A-Vitamins. „Es gibt so viele Möhrengerichte, dass Sie dennoch für Abwechslung sorgen können.“

Annemarie Lüning